Nur fast jeder Zweite stimmte ab. DKP stabilisierte Ergebnis auf niedrigem Niveau

NRW-Landtagswahl im Zeichen von Krieg und Pandemie

Der große Gewinner der Landtagswahlen in NRW am 15. Mai war das Lager der Nichtwähler: Von den fast 13 Millionen Stimmberechtigten blieben fast 5 Millionen den Wahlurnen fern. Die Wahlbeteiligung sank auf 55 Prozent, bei den Wahlen 2017 lag sie noch bei 65 Prozent.

Vor diesem Hintergrund relativiert sich auch der „historische Wahlsieg“ der CDU. Sie wurde zwar mit über 35 Prozent stärkste Partei in NRW, verlor aber trotzdem fast 250.000 Stimmen gegenüber der vorhergegangenen Wahl. Zustimmung für eine Regierungspartei sieht anders aus. Noch deutlicher fiel der Verlust für ihren damaligen Koalitionspartner aus: Die FDP büßte mehr als die Hälfte ihrer Stimmen ein. Schwarz-Gelb wurde einwandfrei abgewählt.

Bundesweite Bedeutung

Wenn aktuell in der Folge dieser Wahl CDU und Grüne in Koalitionsverhandlungen getreten sind, schwächt das die Position der SPD in der Bundesregierung. „Es war eine Landtagswahl, die unter den Vorzeichen des Ausbaus des deutschen Großmachtstrebens in der Auseinandersetzung um den Krieg in der Ukraine stattfand. Es war eine Landtagswahl, die so mancher als ‚Tag der Abrechnung‘ mit der Corona-Politik der letzten zweieinhalb Jahre bezeichnete. Es war eine Landtagswahl, die als Bewährungsprobe für die im letzten Herbst gewählte Bundesregierung galt“, sagten Marion Köster, Bezirksvorsitzende der DKP Ruhr-Westfalen, und Peter Lommes, Bezirksvorsitzender der DKP Rheinland-Westfalen, nach den Wahlen. Weiter hieß es in ihrer Erklärung: „Eine Wahlbeteiligung, die nur knapp über 50 Prozent liegt, ist sicher nicht mit dem guten Wetter und dem Blick vieler Menschen auf die Bundespolitik zu erklären. Sie ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Menschen in dieser Form der Demokratie nicht vertreten sehen und nicht erwarten, dass die gewählten Politikerinnen und Politiker in ihrem Sinne regieren.“

Diese Feststellung deckt sich mit Berichten von aktiven Wahlkämpfern der DKP an Infoständen und anderen Wahlkampfaktionen. Vielen Menschen geht es an den Geldbeutel, sie sind verunsichert, weil die Preise explodieren, während die Einkommen der Inflation trotz aller angekündigten Hilfspakete hinterherrennen. Hoffnungen auf eine Politik, die dem entgegenwirken könnte, haben sie aufgegeben. Ihre Erfahrung: „Es ist egal, wen man wählt, für uns ändert sich nichts zum Besseren.“

Zum Abschneiden der DKP

Die Stimmen für die DKP sind übersichtlich, ihr Stimmenanteil bewegt sich nicht im Prozent-, sondern bestenfalls im Promillebereich, ansonsten darunter. Dennoch ist eine Untersuchung des Abschneidens der Kommunistischen Partei interessant und findet zur Zeit in den Grundorganisationen statt.

Landesweit erhielt die DKP 1.679 Erst- und 3.117 Zweitstimmen, das waren etwa 0,02 beziehungsweise 0,04 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die DKP hatte in lediglich 14 der 128 Wahlkreise in NRW Direktkandidaten aufgestellt. Die Ergebnisse dieser Genossinnen und Genossen waren deutlich besser, sie bewegten sich zwischen 0,1 und 0,7 Prozent und sind deutlich höher als der Stimmenanteil für die Liste der DKP. Auffällig ist auch, dass in diesen Wahlkreisen, die nur gut ein Zehntel aller Wahlkreise von NRW ausmachen, mit knapp 1.000 Stimmen knapp ein Drittel aller Zweitstimmen gewonnen wurde.

In einigen Städten – wie in Recklinghausen oder Köln – schaffte es die DKP nicht, wie bei den vorangegangenen Wahlen Direktkandidatinnen oder -kandidaten aufzustellen beziehungsweise ihre Kandidaturen abzusichern. Corona spielte dabei eine große Rolle, andere Schwerpunkte der politischen Arbeit, fehlende Ressourcen oder Arbeitsüberlastung sind einige der Gründe. Das erklärt teilweise den Verlust von knapp 800 Erststimmen, allerdings nicht den beträchtlichen Verlust von Stimmen in Städten, in denen DKP relativ stark und auch in der Öffentlichkeit präsent ist.

In Bottrop hatte der in der Stadt sehr bekannte und jahrzehntelange DKP-Stadtrat Michael Gerber nicht mehr kandidiert. In dem neu mit einem Teil der Stadt Gladbeck zusammengestellten Wahlkreis kandidierte nun der Gladbecker Stadtrat Gerhard Dorka. Der Gladbecker Kommunist ist zwar in seiner Heimatstadt recht bekannt, hat aber naturgemäß nicht den gleichen Bekanntheitsgrad in Bottrop, was sicherlich zu Stimmenverlusten in Bottrop führte. Dennoch erreichte er mit 0,7 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis als Direktkandidat der DKP.

„Die niedrige Wahlbeteiligung hat sich auch in unserem Stimmenergebnis niedergeschlagen“, meinte Michael Gerber in einem Gespräch mit der UZ. Mit Blick auf die gestiegenen DKP-Stimmen in den Wahlkreisen in Mönchengladbach und Krefeld, wo die DKP erstmals mit Direktkandidaten antrat, sagte er: „Wir sollten uns zukünftig das Ziel setzen, solche Wahlen langfristig vorzubereiten und Direktkandidaturen abzusichern. Das zahlt sich aus.“

Die Stimmenverluste im Landkreis Recklinghausen erklärte Detlev Beyer-Peters, Direktkandidat in den Städten Marl und Herten, damit, dass einerseits die Absicherung der Direktkandidatur im Wahlkreis Recklinghausen I nicht gelungen war. „Wir sind in den vergangenen Jahren nicht mehr aus dem Unterschriftensammeln herausgekommen“, sagte er. Das war in diesem Wahlkampf Corona-bedingt besonders kompliziert. Die Konzentration auf andere politische Schwerpunkte, aber auch personelle Schwächen haben dazu geführt, dass die Kreisorganisation in den Städten nicht plakatiert hatte und der eigentliche Wahlkampf nur auf Sparflamme lief. „Es macht sich bemerkbar, wenn die DKP in Wahlkämpfen kaum öffentlich sichtbar ist.“

„Dass die DKP keine wahlpolitischen Bäume ausreißen wird, war von Beginn an klar. Trotzdem stellen wir erfreut fest, dass sich bei einem Zuwachs von landesweit etwa 7,5 Prozent im Vergleich zur letzten Landtagswahl unsere Stimmenbasis stabilisiert hat, auch wenn das absolute Stimmenergebnis unbefriedigend bleibt. Die Ergebnisse in den einzelnen Wahlkreisen spiegeln diese Entwicklung sehr unterschiedlich wider und zumindest ein erster Überblick bestätigt, dass die Kreise und Gruppen, die einen aktiven Wahlkampf auf der Straße geführt haben, überproportional zu dieser Entwicklung beigetragen haben“, hatten Marion Köster und Peter Lommes festgestellt. In den Parteigruppen der DKP wird das sicherlich diskutiert werden.

Tabelle 1 - NRW-Landtagswahl im Zeichen von Krieg und Pandemie - DKP, Landtagswahl NRW 2022 - Aktion
Tabelle 2 - NRW-Landtagswahl im Zeichen von Krieg und Pandemie - DKP, Landtagswahl NRW 2022 - Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"NRW-Landtagswahl im Zeichen von Krieg und Pandemie", UZ vom 3. Juni 2022



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Stern.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit