Die 6. Parteivorstandstagung der DKP begann mit dem Beschluss zu einem Thema, das die Mitglieder des Gremiums vor, während und nach der Tagung beschäftigte: Angesichts der Situation in Venezuela, wo derzeit der US-Imperialismus versucht, gegen die gewählte Regierung des Landes zu putschen, bekräftigte die DKP ihre Solidarität mit den fortschrittlichen Kräften des Landes und insbesondere mit den Genossinnen und Genossen der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV). Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele berichtete vom direkten Austausch mit Carolus Wimmer, dem Internationalen Sekretär der PCV, der einschätzte, derzeit werde eine militärische Intervention vorbereitet. Faschistische Kräfte in der Opposition drohten bereits offen mit Angriffen auf Kommunisten.
Die Mitglieder der DKP sind nun aufgefordert, Proteste zu organisieren. Dieser Protest richtet sich vor allem gegen die Bundesregierung, die sich mit ihrem Ultimatum an den gerade vereidigten venezolanischen Präsidenten Maduro, in wenigen Tagen Neuwahlen in Venezuela auszurufen, auf die Seite der Putschisten stellt. Außerdem appelliert der Parteivorstand an Mitglieder und Freunde der DKP, die Arbeit der Genossen der PCV durch Spenden an den Venezuela-Solidaritätsfonds der DKP zu unterstützen. „Möglicherweise brauchen die Genossen nun auch schnell Hilfe, um ihren Schutz zu organisieren“, so Köbele. „Wir dürfen hier nicht zögern.“ In dem Sinne wird der Soli-Fonds für die PCV, den die DKP 2017 eingerichtet hat, aktiviert. Zur Zeit fasst er etwa 4000 Euro.
Auch wenn es der Stimmung der Anwesenden entsprochen hätte, die 6. Tagung des Parteivorstandes der DKP, die am 26. und 27. Januar in Essen stattfand, hatte nicht nur die Lage in Venezuela zum Gegenstand. Stefan Müller, Bildungsverantwortlicher der DKP München, referierte zur EU und charakterisierte sie als imperialistisches Instrument, das Deutschland den Weg zur führenden Macht in Europa ebne (wir dokumentieren das Referat auf den Seiten 12 und 13). Die Widersprüche zwischen der Konkurrenz – vor allem zu den USA, aber auch zu Frankreich und Großbritannien – einerseits und der Tatsache, dass Deutschland sich immer wieder fest an die Seite der USA stelle, bestimmte die anschließende Diskussion. Ob Deutschland wirklich schon aus der US-Dominanz herausgewachsen sei, war dabei eine der aufgeworfenen Fragen, vor allem angesichts der Frontstellung, die Deutschland gegenüber der Russischen Föderation, potentiell jedoch auch gegenüber der VR China einnehme. Die militärische Herausforderung, die China und Russland für den deutschen Imperialismus darstellen, sei derzeit nur unter Führung der USA und im Rahmen der NATO zu bewältigen. Patrik Köbele führte an, dass die Hauptkriegsgefahr zwar vom US-Imperialismus ausgehe, der deutsche Imperialismus jedoch nach der Rolle einer Weltmacht – auch einer militärischen – strebe und Hauptadressat der deutschen Arbeiterklasse sei.
Um die deutsche Arbeiterklasse und ihren Bewusstseinsstand hinsichtlich der EU ging es auch im Tagesordnungspunkt zum EU-Wahlkampf der DKP. Köbele führte einleitend aus, dass es hier nicht um „business as usual“ gehe, sondern der Standpunkt der Kommunisten, der im Wahlprogramm gut dargestellt sei, notwendig in diesem Wahlkampf sei. Es sei die einzige klare, fundierte, linke, sozialistische Position zur EU – eine Position gegen die EU und für ihre notwendige Überwindung.
„Wir treten als Friedenkämpfer an, weil die EU Produkt und Instrument der Weltherrschaftsansprüche von US-Imperialismus, NATO und der europäischen Imperialisten ist“, so Köbele. Aufgabe der Kommunisten sei es, Klarheit über die Rolle der EU und ihre Auswirkungen auch auf unser Leben zu schaffen: „Wir müssen deutlich machen, wer sich in diese EU-Strategie der Herrschenden einbinden lässt, der macht sich gemein mit der Abschottung der EU, mit der Ausplünderung ganzer Kontinente, also mit dem Verursachen von Flucht, und mit der brutalen Abschottung im Mittelmeer und in Afrika. Wir müssen deutlich machen, dass die EU Instrument zur dramatischen Erhöhung des Drucks auf die Kommunen ist, ihr Tafelsilber zu verscherbeln, zu privatisieren. Wir müssen deutlich machen, dass die Kehrseite des Erfolgs der deutschen herrschenden Klasse in der EU die Agenda-Politik, die Hartz-Gesetze sind.“
Bevor es in den Wahlkampf geht, müssen diese Diskussionen auch in der DKP und ihren Gliederungen intensiviert werden. Und: Noch ist die Hürde der 4 000 Unterstützerunterschriften, die für den Wahlantritt nötig sind, nicht ganz geschafft. Die gesammelten und beglaubigten Unterschriften müssen jetzt beim Parteivorstand der DKP in Essen eingereicht werden.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt befasste sich der Parteivorstand mit den Beziehungen zwischen den Kommunistischen und Arbeiterparteien. Diese sind heute von unterschiedlichen Auffassungen beeinflusst; unter anderem werden die heutigen Staaten mit sozialistischer Entwicklung ebenso ungleich bewertet wie auch der Sozialismus, wie er bis 1990/91 bestand. Auch kapitalistische Staatenbündnisse wie BRICS und die Imperialismustheorie gehören zu den Meinungsverschiedenheiten. Weitere Differenzen gibt es auch zur Mitarbeit von kommunistischen Parteien in bürgerlichen Regierungen oder bei der Bewertung der heutigen Sozialdemokratie sowie zur Frage der Übergänge zum Sozialismus. Aus all dem ziehen die Kommunistischen und Arbeiterparteien zudem unterschiedliche Schlüsse hinsichtlich der Konsequenzen für ihre weitere Zusammenarbeit, zum Beispiel ob eine neue Komintern nötig sei. Die unterschiedlichen Auffassungen könnten und müssten Gegenstand einer solidarischen Debatte zwischen den Parteien sein, heißt es in einem dazu gefassten Beschluss des Parteivorstandes. Debatte, gemeinsame Praxis und der Austausch über die geführten Kämpfe trügen zur Verbesserung des Wirkens der kommunistischen Bewegung bei.
Zu den diesjährigen Friedensaktionen in Büchel wurde beschlossen, für eine „Aktionspräsenz“ der DKP zwischen dem 11. und 14. Juli zu mobilisieren. Die Kampagne „Büchel ist überall – atomwaffenfrei, jetzt!“ werde den Druck gegen die Atombomben in Büchel verstärken, da die Produktion neuer US-Atombomben, die auf dem Bundeswehr Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz stationiert werden sollen, bevorstehen.
Mit dem Aufruf „Pressefreiheit verteidigen“ wendet sich der DKP-Parteivorstand gegen den Angriff der Deutschen Post AG auf die Existenz der Tageszeitung „junge Welt“. Sie sei den Herrschenden „mehr als ein Dorn im Auge“. Immer wieder werde versucht, die Existenz der „jungen Welt“ zu gefährden. Des Weiteren wurde eine Festveranstaltung zum 70. Jahrestag der DDR beschlossen. Eine inhaltliche Konzeption wird Gegenstand der nächsten Parteivorstandstagung sein.
Joaquín Bernal aus Kuba, Stellvertretender Vorsitzender der Verfassungskommission, hielt auf der Parteivorstandstagung ein Referat über die neue kubanische Verfassung.