Die Bewegung gegen die beschönigend nur „Novellierung des Polizeigesetzes“ in Nordrhein-Westfalen genannte Verschärfung nimmt zunehmend an Fahrt auf. Über 200 Organisationen und Persönlichkeiten rufen für kommenden Samstag zu einer Großdemonstration in Düsseldorf auf. Neben DKP, SDAJ, Linkspartei, Antifagruppen und Bürgerrechtsorganisationen machen auch die Rote Hilfe, das Komitee für Grundrechte und Demokratie sowie verschiedene Juristenverbände gegen die repressiven Pläne mobil. Bemerkenswerterweise räumte Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) selbst in einem Ende der letzten Woche veröffentlichten Interview der „Rheinischen Post“ ein, dass der von ihm eingeführte Begriff der „drohenden Gefahr“ „verfassungsgerichtlich noch nicht durchgecheckt“ sei. Dies, obwohl mit genau dieser äußerst fragwürdigen Begrifflichkeit schwerst wiegende Grundrechtseingriffe begründet werden.
„Durch die ‚drohende Gefahr‘, also die bloße Vermutung über eine vermutliche Gefahr, wird die Polizeitätigkeit vorverlagert in einen Bereich, in dem noch nichts droht, schon gar nicht eine ‚konkrete Gefahr‘“, urteilte hingegen der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV). Der Verein warnt entschieden vor den Plänen der Landesregierung. Die geplante Verschärfung des Polizeigesetzes hebele „grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und Gewaltenteilung aus“, so der Verband. „Das neue Polizeigesetz will Menschen auch ohne konkreten Verdacht anhalten und durchsuchen können, bis zu einen Monat in Präventivgewahrsam nehmen oder mit Hausarrest belegen. Die Polizei soll Smartphones hacken dürfen, um Kommunikationsdienste wie ‚WhatsApp’ mitzulesen – nicht nur von vermeintlich verdächtigen Personen, sondern auch in deren sozialem Umfeld. Zudem wird auch die Videoüberwachung des öffentlichen Raums ausgeweitet.“
„Die Verschärfung des Polizeigesetzes ist Teil einer reaktionären Dynamik: Hart erkämpfte Grundrechte und bürgerliche Freiheiten werden uns wieder genommen – in Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland“, konstatiert auch Sabine Lassauer, Attac-Vertreterin im Bündnis „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW“.
„Offensichtlich sind manche Personenkreise in Polizei- und Geheimdienstbehörden mittlerweile der Überzeugung, sich für einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung rüsten zu müssen“, warnte kürzlich die Linkspartei-Innenpolitikerin Ulla Jelpke. Militärische Aufrüstung und Überwachung hätten „ein äußerst bedrohliches Ausmaß erreicht“. In Hessen plant das Justizministerium unterdessen eine Neuauflage des Radikalenerlasses. Gegnerinnen und Gegner eines totalitären Polizei- und Überwachungsstaat sollten sich für weitere Proteste rüsten. In 15 der 16 deutschen Bundesländer sind Verschärfungen der Polizeigesetze geplant oder bereits beschlossen.
Treffpunkt 13.00 Uhr, DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Straße 34-38