Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat gerade erst angefangen. Der kommende Bundeshaushalt sei „nur der Beginn von Konsolidierungsanstrengungen“, so Lindner bei der Vorstellung des Entwurfs in der Bundespressekonferenz. Die benötigte „Trendwende“ sei noch gar nicht erfolgt. „Wer bereits diesen Beginn der quantitativen Konsolidierung als einen harten Sparkurs bezeichnen würde, der wäre ein Beleg dafür, dass sich in unserem Land die Erwartungen gegenüber dem Staat verschoben haben“, legte er nach.
Auch die bürgerliche Presse bemängelte fast unisono den fehlenden „Sparwillen“. Tatsächlich ist „Sparhaushalt“ nicht die passende Kategorie für den kommenden Etat. Es handelt sich vielmehr um einen Kriegshaushalt. Um steigende Rüstungsausgaben, den Schuldendienst für die „Sondervermögen“ und den selbstverschuldeten Wirtschaftskrieg bei gleichzeitiger Einhaltung der „Schuldenbremse“ zu finanzieren, wird bei Sozialleistungen, im Bildungssektor oder bei Gesundheit und Pflege gespart. Im August soll das sogenannte „Haushaltsfinanzierungsgesetz“ vorgelegt werden, um die Einsparungsmaßnahmen zu konkretisieren, die bisher nur als abstrakte Zahlenspielereien vorliegen.
Davon sind zum Beispiel die geplanten Kürzungen bei den Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) betroffen. Bei den Mitteln für Studierende sollen 440 Millionen Euro gestrichen werden; der Posten für Schülerinnen und Schüler soll um 212 Millionen Euro reduziert werden. „Die BAföG-Bedarfssätze liegen schon heute deutlich unter dem Existenzminimum“, kritisierte Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die Gewerkschaft warnte davor, dass die Leistungen „systematisch ausgehungert“ würden und forderte stattdessen eine Anhebung der Bedarfssätze auf mindestens 930 Euro.
Finanzminister Lindner wies die Kritik zurück, sprach sogar von einer „Ente“. Die neuen Positionen im Bundeshaushalt seien allein das Ergebnis von geänderten Prognosen über die Zahl der BAföG-Bezieher; es gebe keine Änderungen am Gesetz. Besonders glaubwürdig ist das nicht, zumal das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2021 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der BAföG-Bedarfssätze äußerte und diese derzeit überprüft. Sollte die Notwendigkeit höherer Sätze festgestellt werden oder die Zahl der Empfänger die Prognosen überschreiten, reicht der Topf nicht aus. Die drastischen Kürzungen würden dann doch Änderungen am Gesetz erzwingen, solange keine Bereitschaft besteht, das Geld zusätzlich auszugeben oder in anderen Bereichen einzusparen.
Ein ähnliches Schicksal erwartet das sogenannte „Startchancenprogramm“. Damit sollten nach dem Willen der Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) 4.000 Schulen in „sozialen Brennpunkten“ gefördert werden. Von einer „Bildungsmilliarde“ war die Rede, obwohl nach Meinung von Experten mindestens zwei Milliarden nötig wären, um Wirkung zu zeigen. Für das kommende Jahr ist die „Bildungsmilliarde“ nun auf 500 Millionen Euro geschrumpft.
Von diesen und den vielen weiteren Kürzungen gehe eine „große Gefahr für Wirtschaft und Gesellschaft“ aus, erklärte der DGB in einer Pressemitteilung. Der Gewerkschaftsbund bezeichnete die Ausgabenkürzungen als „schädlich und absolut unnötig“. Stattdessen solle über die Erhöhung der Einnahmen nachgedacht werden, zum Beispiel „durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer und die Streichung von Sonderregeln bei der Erbschaftsteuer für reiche Unternehmenserben“.
Die Bundesregierung schließt Steuererhöhungen jedoch vollständig aus. Im Gegenteil: Lindner kündigte neue „Steuervorhaben“ an. Um „die Wirtschaftsstärke zu verbessern“, sollen „gezielte Anreize im Steuerrecht, aber eben nicht in der Breite“ gesetzt werden. Das weckt Erinnerungen an das „Inflationsausgleichsgesetz“, mit dem die Regierung seit diesem Jahr auf rund 34 Milliarden Euro verzichtet, um Spitzenverdiener zu entlasten. Oder an die Körperschaftsteuerreform von 2008, mit der die Besteuerung von Unternehmensgewinnen von 25 auf 15 Prozent abgesenkt wurde. Dass diese Mittel heute fehlen, spielt im bürgerlichen Presserummel keine Rolle, während nach einem härteren Sparkurs gerufen wird. Dass selbst das vorerst noch verschmerzbar wäre, wenn der deutsche Imperialismus nicht für den großen Krieg rüsten würde, erst recht nicht.