Als Steven Spielberg 1993 das erste Mal Dinosaurier über die Isla Nublar stapfen ließ, war das eine Sensation: Es war der erste Film, in dem Computertechnik die Stop-Motion-Technik ersetzte. Bis dahin wurden Puppen Bild für Bild gefilmt, mit dem Problem, dass dabei natürlich keinerlei Bewegungsunschärfe entstehen kann – deswegen sieht Godzilla halt so aus, wie er aussieht, wenn er in ein Tokioer Hochhaus beißt.
Spielberg beauftragte für Jurassic Park die Firma Industrial Light & Magic, um mit Hilfe von an Computern erzeugter Bewegungsunschärfe die Dinosaurier wenigstens ein bisschen realistischer erscheinen zu lassen. Steve Williams erzeugte mehr zum Spaß statt der Unschärfe gleich einen ganzen T-Rex, der Rest ist Geschichte: Auf einmal spazierten realistische Dinosaurier über die Kinoleinwände, der Blick auf das Experiment mit Genen aus der Urzeit markiert den Beginn einer neuen Ära.
Während 1993 noch ein Vergnügungspark kurz vor der Eröffnung das Zuhause der mit Hilfe prähistorischen Genmaterials wiedererweckten Urzeit-riesen war, ist es in „Jurassic Park: Ein neues Zeitalter“ die ganze Welt. Mehrere Katastrophen in den ersten fünf Filmen haben die Isla Nublar unbewohnbar gemacht, die Dinosaurier haben sich über die ganze Welt verbreitet. Und nicht nur das: Wo einst T-Rex, Velociraptor, Stego- oder Brontosaurus das Herz unseres inneren Kindes höher schlagen ließen, weil man die jetzt endlich mal „sehen“ konnte, flattern und stapfen nun komplett am Reißbrett entstandene Figuren wie der „Gigantosaurus“ durchs Bild. Um diesen auf die Leinwand zu bringen, haben die Macher des Jurassic-Universums nach den skrupellosen Parkbesitzern der vergangenen Filme (größer, erschreckender, mehr Zähne, mehr Besucher!) nun den Konzern Biosyn ins Spiel gebracht. Der lässt zum Beispiel (auch für den Schauder, der nicht von Zähnen kommt) Heuschrecken kreieren, die sich allein qua Größe für den Besuch von Kleintierpraxen qualifizieren würden. Diese fressen nun nur die Felder leer, die mit konventionellem Saatgut bestellt sind und nicht mit dem Zeug von Biosyn. Monsanto lässt grüßen.
Das ruft alte Bekannte aus Episode 1 auf den Plan: Die Biologin Ellie Sattler (Laura Dern) meldet sich beim Paläontologen Dr. Alan Grant (Sam Neill) und gemeinsam fahren sie in das von Biosyn betriebene Dinosaurierschutzgebiet in den italienischen Dolomiten, um Beweise für die Genschweinereien des Konzerns zu finden. Dort treffen sie den ebenfalls aus dem ersten Teil bekannten Chaos-Theoretiker Ian Malcolm (Jeff Goldblum), der bei Biosyn arbeitet, aber gegen die skrupellosen Machenschaften des Konzerns vorgehen will.
Zeitgleich machen sich die ehemalige Dinopark-Managerin Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) und der Dinosauriertrainer Owen Grady (Chris Pratt) aus der kalifornischen Wildnis ebenfalls in die Dolomiten auf. Denn Biosyn hat nicht nur die Tochter des Raptoren Blue entführt, sondern auch noch ihre eigene (auch sie ist ein genetisches Experiment).
Und so rennen sie dann bald alle zusammen durch den Schnee, Dinosaurier und Menschen, und zitieren ihre eigenen und die Filme anderer mit einer Wonne, dass man gern zuschaut. Da gibt es dann die berühmte „Gesicht an Gesicht“-Szene, die Sigourney Weaver erleiden musste, statt mit einem Alien mit einem Dino der fieseren Art, und alle Protagonisten flüstern gemeinsam „Nicht bewegen!“, als sie kurz davor sind, zum Snack für einen der richtig großen Dinos zu werden. Das macht Spaß, auch wenn es knapp 30 Jahre nach dem ersten Mal fast normal erscheint, dass „echte Dinosaurier“ über die Leinwand spazieren.
Am Ende ist natürlich, wie sich das fürs Popcornkino gehört, alles gut, Menschen und Dinosaurier teilen sich die Erde. Und mit der Ankündigung der Macher, die Reihe mit dem sechsten Film aussterben zu lassen, ist „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ das Ende einer Ära. Schade eigentlich, dass am Ende niemand sagt: „Das Leben findet immer einen Weg.“
Jurassic World: Ein neues Zeitalter
Regie: Colin Trevorrow
Buch: Colin Trevorrow und Emily Carmichael
Unter anderem mit: Chris Pratt, Bryce Dallas Howard, Isabella Sermon und Jeff Goldblum
Im Kino