Noch dominieren die grauen Köpfe

Herbert Becker im Gespräch mit Hermann Kopp

Die Marx-Engels-Stiftung mit Sitz in Wuppertal veranstaltete ihre Jahreshauptversammlung. Die UZ sprach mit Hermann Kopp, Vorsitzender der Stiftung.

UZ:Am 27. Januar fand eure Jahreshauptversammlung statt. Welche Einschätzung des letzten Jahres habt ihr formuliert?

Hermann Kopp: Oh Gott, was soll ich dazu sagen? Ich bin in meinem Bericht zunächst auf eine politisch-ideologisch völlig irrelevante Sache eingegangen, die aber praktisch äußerst bedeutsam ist: nämlich dass wir seit dem 1. März 2017, endlich!, das Haus los sind, das uns wie ein Klotz am Bein hing – seit meinem Amtsantritt im Herbst 2010. Und zwar losgeworden an einen uns sehr freundlich gesonnenen neuen Eigentümer.

Aber das ist natürlich nicht das, was die UZ-Leser interessiert. Und obwohl es die Sache war, die mir die meisten Kopfschmerzen und schlaflose Nächte bescherte, hat sie auch kaum die Mitglieder interessiert: Diskussion darüber gab es nicht.

UZ: Was habt ihr dann diskutiert?

Hermann Kopp: Na ja, vor allem die Frage, die sich aus dem Hauptteil meines Berichts ergab: Wie können wir junge Leute für unsere Veranstaltungen interessieren? Und wie können wir neue Mitglieder gewinnen?

Um das gleich dazu zu sagen: Ginge es darum, uns selbst auf die Schulter zu klopfen, wäre das kein Problem: Seit 2010 hat sich die Mitgliederzahl der Stiftung verdreifacht, von 58 auf genau 180 am Tag der MV – dabei sind notorische Nichtzahler, die wir erstmals seit Jahren angeschrieben hatten, schon abgezogen. Auch 2017 hatte die Stiftung absoluten Zuwachs. Auch dieses Jahr haben wir schon wieder drei Neue. Und verdreifacht hat sich auch die Zahl unserer Veranstaltungen.

UZ: Macht ihr gezielte Anstrengungen, um an junge Leute ranzukommen?

Hermann Kopp: Sagen wir so: offenkundig nicht genug. Ich habe mich als Vorsitzender immer wieder darum bemüht, junge Genossen für den Vorstand zu gewinnen. Hab sie auch gewonnen. Die kamen ein, zwei Mal – und blieben dann weg. Sogar ohne Entschuldigung. Darüber kann man sich höllisch ärgern. Hilft aber nix.

UZ: Was also dann?

Hermann Kopp: Ich weiß es nicht. Oder doch: Wir müssen zu den Jungen gehen, denn die kommen nicht zu uns. „Der rote Großvater erzählt“ – heute zum Beispiel von 1968: das stößt auf Interesse. Aber nur dann, wenn der Großvater zu den Jungen geht, und die nicht aufgefordert sind, am Großväter-Stammtisch Platz zu nehmen und zuzuhören.

UZ: Und was nun?

Hermann Kopp: Eine gute Frage. Eins unserer neuen Mitglieder wollte bei der MV wissen, welche „Rationale“ unserer Arbeit zugrunde liegt, welches generelle Ziel wir mit ihr verfolgen. Und da muss ich ehrlich sagen: Darauf habe ich keine Antwort. Ich bemühe mich um Tagungen, die Fragen beantworten, die sich mir stellen; ich versuche, andere MES-Mitglieder dafür zu gewinnen, dass sie das selbe für sich tun. Und ich bin guten Muts, dass dabei was rauskommt, was auch andere interessieren könnte.

UZ: Ein Schlusswort?

Hermann Kopp: Gerne. Die Marx-Engels-Stiftung war eine Gründung der DKP; es hat Jahre gedauert, bis sie ihre Gemeinnützigkeit gegen den massiven Widerstand des damaligen, ach so liberalen NRW-Innenminister Burkart Hirsch gerichtlich durchsetzen konnte.

Und obwohl wir von der DKP keine müde Mark bekommen, machen wir keinen Hehl daraus, dass wir dieser Partei freundschaftlich verbunden sind.

Aber ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass in unseren Reihen Mitglieder der DKP, und zwar ihrer unterschiedlichen Strömungen, frühere DKP-Mitglieder, Mitglieder der Linkspartei, frühere SED-Genossen, Parteilose, vereinzelt sogar SPD-Mitglieder vertreten sind.

Zu Beginn des Marx-Jahrs 2018 hatten wir genau 180 Mitglieder. Und ich hoffe, dass wir im Engels-Jahr 2020 dann mindestens 200 zählen werden.

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"Noch dominieren die grauen Köpfe", UZ vom 16. Februar 2018



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