Senat lehnte Misstrauensvotum gegen Premier Conte ab

Niederlage für Salvini

Von Gerhard Feldbauer

Mit dem Einbringen eines Misstrauensvotums gegen den parteilosen Premier Giuseppe Conte hat der Führer der faschistischen Lega und Vizepremier, Matteo Salvini, vor zwei Wochen die seit Monaten schwelende Krise der im Juni 2018 mit der rechten Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) von Luigi Di Maio, ebenfalls Vizepremier, gebildeten Regierung ausgelöst. Er will das Kabinett zu Fall bringen, um sofortige vorgezogen Parlamentswahlen durchzusetzen, aus denen er als künftiger Regierungschef hervorgehen will. Allerdings hat er im ersten Anlauf eine Niederlage erlitten. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe der UZ (Dienstag) hatte Conte angekündigt, bei Präsident Mattarella seinen Rücktritt einreichen zu wollen.

Der Senat, die zweite Parlamentskammer, lehnte die von Salvini verlangte sofortige Abstimmung am 14. August mit den Stimmen der M5S, der Demokratischen Partei (PD) und der Mitte-Links-Partei Freie und Gleiche (LeU) ab. Das Haus beschloss, dass Premier Conte am 20. August zur Regierungskrise berichten soll. Vor der Abstimmung hatte der Lega-Chef laut der Nachrichtenagentur „ANSA“ in seinem autoritären Ton erklärt: „Ich fordere die Italiener auf, mir alle Vollmachten zu geben“, anderenfalls drohte er, „seine Minister aus der Regierung zurückzuziehen“, was er bisher jedoch nicht verwirklicht hat. Der Mailänder „Corriere della Serra“ als auch die römische „La Repubblica“ schrieben, damit habe „Salvini eine Niederlage“ erlitten.

Die konträren Partner konnten sich seit Monaten in strittigen Fragen nicht einigen. So die Verwirklichung eines von M5S geforderten Bürger-Mindesteinkommens oder eine Steuerreform, mit der die Lega vor allem Unternehmerinteressen bedienen will. Auf Druck ihrer Basis gingen Sterne-Parlamentarier auf Distanz zum rassistischen, ausländerfeindlichen Kurs Salvinis. Letzter Anlass war, dass M5S das TAV-Projekt, die Milliarden Euro teure und mit hohen Risiken für die Umwelt  behaftete Hochgeschwindigkeitsstrecke Turin-Lyon, ablehnte.

Salvinis Lega, die im März 2018 nur auf 17 Prozent der Wählerstimmen kam, erreichte bei der EU-Wahl im Mai dieses Jahres 34 Prozent. Nach jüngsten Umfragen könnte er bei Neuwahlen auf 37 Prozent kommen. Mit Unterstützung der rechtsxtremen Forza Italia (FI) von Ex-Premier Berlusconi und der faschistischen Brüder Italiens (FdI) von Georgia Meloni könnte er Regierungschef werden. Um das zu verhindern, scheinen die bisher verfeindete M5S und die Demokratische Partei (PD) aufeinander zuzugehen. Denn wenn Conte scheitern sollte und zurücktritt, entscheidet über das weitere Vorgehen Staatspräsident Sergio Matterella. Zur PD gehörend, will er Neuwahlen möglichst vermeiden, Er kann als Nächstes sondieren lassen, ob eine neue Regierung möglich ist, die eine Mehrheit im Parlament findet.

Matteo Renzi, Ex-PD-Chef und Ex-Premier, plädiert für eine Regierung PD-M5S. „Salvini muss zurücktreten“, fordert er laut der PD-nahen „La Repubblica“. PD-Chef Nicola Zingaretti, bisher gegen das Zusammengehen mit M5S, schließt sich dem jetzt an. Eine solche Regierung ist rechnerisch möglich. M5S ist zwar bei der EU-Wahl im Mai dieses Jahres auf  17 Prozent abgesackt, belegt aber mit 34 Prozent vom März 2018 noch immer die meisten Sitze im Abgeordnetenhaus und dem Senat. Mit den gut 17 Prozent der PD, den 3,4 der LeU käme dieses Kabinett auf genügend Stimmen, vorausgesetzt, M5S-Chef Di Maio kann seine Leute bei der Stange halten. Eine solche Regierung sollte nach den Intentionen der PD kein Übergangskabinett sein, sondern über die Legislaturperiode bis 2023 gehen. Denn, wie der  „Corriere della Sera“ erinnerte, geht es noch um eine andere entscheidende Frage im Machtgefüge. 2022 steht die Neu- oder Wiederwahl des Staatspräsidenten an. Der derzeitige Amtsinhaber Mattarella ist für seine Verteidigung der in der Verfassung verankerten antifaschistischen Grundsätze bekannt. Eine seine Positionen fortsetzende Persönlichkeit wäre unter einer Regierung des Faschisten Salvini undenkbar.

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"Niederlage für Salvini", UZ vom 23. August 2019



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