700 Entlassungen bei Media-Markt

Nichts mit Spaß

Von Herbert Schedlbauer

Bei Media-Markt, der mit dem Slogan „Hauptsache Ihr habt Spaß“ wirbt, geht die Angst um. Der Elektronikkonzern, der zur Media-Saturn-Holding (MSH) gehört, plant einen radikalen Personalabbau. Große Teile der Verkaufsflächen sollen ausgegliedert werden. Zusätzlich wird die Produktpalette in den Märkten drastisch eingeschränkt. Auf diese Art will der Ceconomy-Konzern jährlich 130 Millionen Euro einsparen.

Als besonderer Verfechter des Kahlschlags bei der MSH erweist sich Ferran Reverter, der neue Boss des Elektronikfilialisten. Der Spanier, der gerade acht Monate den Handelsriesen führt, setzt dabei auf weniger Beratung und Personal im Verkauf. Mit dabei seit dem 1. März ist Jörn Werner, der ehemalige Chef der Werkstattkette A. T. U.

Das Management kennt nur einen Weg, um Profite abzusichern: Damit die eigenen Pfründe und die Aktionäre bedient werden, müssen Personal und die „lieben Mitarbeiter“ abgebaut und vor die Tür gesetzt werden. Bereits im ersten Halbjahr sollen in der Verwaltung in Ingolstadt 700 von 3 000 Arbeitsplätzen vernichtet werden. Insider berichten, dass es nicht nur die Zentrale an der Donau trifft. Auch die Filialen werden durch die Fremdvermietung der Flächen erneut kräftig „ausgedünnt“.

Als Grund für den Personalabbau sieht die Holding den zunehmenden Onlinehandel. Doch dies ist nur die offizielle Erklärung. Ähnlich wie die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nennen Beschäftigte die wirklichen Ursachen:Ein über Jahre bewusst erzeugter Mangel an Personal treibe die Kunden aus den Märkten. Hauptgrund für diesen Zustand ist, dass immer weniger Personal mehr Verkaufsfläche bedienen muss. Beratung kommt dabei seit Langem zu kurz. „Wir arbeiten Warteschlangen von Kunden ab. Da dreht sich so manch einer um und haut ab“, so der Verkäufer Edwin Schulte (Name von der Redaktion geändert).

In einer gemeinsamen Erklärung der Gewerkschaftsvertreter von ver.di und IG Metall im Aufsichtsrat der Ceconomy AG wird dies noch einmal bekräftigt. Nach Auffassung beider Gewerkschaften liegt die Ursache beim Missmanagement der vergangenen Jahre. Dieses sei mit Abfindungen in Millionenhöhe – vier Millionen Euro für 16 Manager – in die Wüste geschickt worden. Die Interessenvertreter fordern deshalb eine umfängliche Beteiligung der örtlichen Mitbestimmungsgremien unter Wahrung ihrer gesetzlichen Mitbestimmungsrechte und eine völlige Transparenz gegenüber den Beschäftigten über die Ziele des Konzerns. In Zeiten des Fachkräftemangels seien dezimierte Belegschaften existenzbedrohend für den erfolgreichen Fortbestand von Unternehmen.

Schon vor fünf Jahren rollte eine Entlassungswelle durch die Filialen. Als Gegenpol versuchten damals Beschäftigte, Betriebsräte zu wählen. Doch dies erwies sich als besonders schwierig. Wer sich nicht einschüchtern ließ, stand unter „Dauerbeobachtung“, wurde mit Kündigung bedroht oder abgemahnt. Noch immer berichten Belegschaften, dass über die Abteilungs- und Filialleitungen versucht würde, die Gründung von Betriebsräten zu verhindern. Dabei wird neben den genannten Drohungen auch versucht, das Personal zu spalten. Durch die Wahl von Betriebsräten werde das Weihnachtsgeld gefährdet. Die Kosten müssten anderweitig eingespart werden. „Praktisch von dem Tag an, wo bekannt würde, dass ein Betriebsrat gewählt werden soll, wird dies von oben nach unten in die Belegschaften gestreut“, berichtet Schulte.

In Deutschland beschäftigen der größte Elektrofilialist Europas, Media-Markt, und Saturn noch 28000 Mitarbeiter. Der neue Stellenabbau wird Beschäftigte und ver.di herausfordern, neue Strategien des Widerstands zu entwickeln. Dazu gehört auch, gemeinsam zu überlegen, wie dies branchenübergreifend möglich ist. „Man stelle sich vor, der Laden würde bestreikt und vor der Tür stehen mit uns gemeinsam Streikposten von anderen Einzelgewerkschaften oder die Senioren von ver.di“, so Schulte mit einem strahlenden Gesicht.

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"Nichts mit Spaß", UZ vom 24. Mai 2019



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