Ulf Immelt zu Ein-Euro-Jobs

Nichts gebracht

Als Arbeitsgelegenheiten, auch bekannt als sogenannte Ein-Euro-Jobs, 2005 im Rahmen der Agendapolitik der Schröder-Fischer-Regierung eingeführt wurden, galten diese als wahre Wunderwaffe gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Fünfzehn Jahre und eine Instrumentenreform später haben sich diese stattdessen als eine wirksame Waffe gegen Arbeitslose herausgestellt. Dies belegen die jüngsten Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Arbeitsgelegenheiten sind alles andere als eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt. Für die Teilnehmer von Arbeitsgelegenheiten ist die spätere Beschäftigungswahrscheinlichkeit sogar um etwa 20 Prozent geringer als bei Erwerbslosen, die nicht in diese Maßnahmen gesteckt wurden. Auch waren die jährlichen Erwerbseinkommen der ehemaligen Ein-Euro-Jobber in den Folgejahren niedriger als die von Kolleginnen und Kollegen, die nicht mit Ein-Euro-Jobs „beglückt“ wurden.

Ulf Immelt
Ulf Immelt

Dies ist die vernichtende Bilanz des der Arbeitsagentur nahe stehenden Instituts. Damit reiht sich der IAB-Bericht nahtlos in eine Reihe früherer Evaluationsstudien ein, die die Wirkung von Ein-Euro-Jobs in den ersten Jahren nach deren Einführung untersucht haben. Auch hier hatte die Teilnahme an Arbeitsgelegenheiten für die Wenigsten die erhoffte Integration in reguläre Beschäftigung zur Folge.

Insbesondere in den Jahren 2005 bis 2007 wurde die kontraproduktive Wirkung von Ein-Euro-Jobs deutlich, da in diesem Zeitraum auch viele „arbeitsmarktnahe Leistungsbezieher“ in diese arbeitsmarktpolitische Maßnahme gedrängt wurden. Aufgrund dieser früheren Evaluationsergebnisse und nicht zuletzt dem Druck von Gewerkschaften und Erwerbsloseninitiativen wurde mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ zumindest der Einsatz von Ein-Euro-Jobs etwas eingeschränkt. So wurde die Vermittlung von unter 25- und über 58-Jährigen in Arbeitsgelegenheiten unmittelbar nach Leistungsbeantragung abgeschafft.

Seit der Instrumentenreform 2012 ist nun das arbeitsmarktpolitische Ziel, mittels Arbeitsgelegenheiten, so zumindest die offizielle Lesart, besonders „arbeitsmarktferne Bezieher von Arbeitslosengeld II an den sogenannten ersten Arbeitsmarkt heranzuführen“. Der Verdienst der aktuellen IAB-Studie besteht nun darin, dass diese aufgezeigt hat, dass trotz aller Reformen Ein-Euro-Jobs in keiner Weise den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ebnen, sondern im Gegenteil die Wahrscheinlichkeit erhöhen, weiterhin Arbeitslosengeld II beziehen zu müssen. Damit reihen sich die Ein-Euro-Jobs in eine lange Reihe von arbeitsmarktpolitischen „Reformen“: Angefangen mit den Sanktionen im Hartz-IV-Regime, über Minijobs, bis hin zu Leiharbeit und Werksverträgen, deren Folge ein gigantischer Niedriglohnsektor ist, auf den Altkanzler Schröder heute noch stolz ist, weil dieser in Verbindung mit einer extrem hohen Produktivität dem deutschen Kapital riesige Profite beschert.

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"Nichts gebracht", UZ vom 6. Dezember 2019



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