EU-Diplomaten „schützen“ Guaidó bei Rückkehr nach Venezuela

Nicht übers Stöckchen gesprungen

Von Melina Deymann

Der Putschpräsident Juan Guaidó ist zurück in Venezuela. Nach eineinhalb Wochen Rundreise zu einigen „Amtskollegen“ in Lateinamerika musste er einsehen, dass es zwar Unterstützung für den Sturz von Präsident Nicólas Maduro und damit der Bolivarischen Revolution gibt, die meisten aber doch vor einer US-geführten Militärintervention zurückschrecken. Die „Tagesschau“ feiert die Rückkehr Guaidós nach Caracas am Montag als „triumphal“ und freut sich, dass er seine „Machtdemonstration ungestört genießen konnte“. Dabei übersieht sie, dass Venezuela sich schlicht weigerte, auf die neue Provokation des Putschisten einzugehen und sich lieber mit Salsa und Merengue beschäftigte – auch in Venezuela wird Karneval gefeiert.

So blieb dann auch die Beteiligung an der Protestkundgebung des Putschisten hinter den Erwartungen zurück, weshalb er umgehend zu einem neuen Versuch am Samstag aufrief. Für den Fall, dass Guaidó auf der Rückreise nach Venezuela „etwas zustößt“, er also beispielsweise verhaftet wird, hatten die USA und ihre Vasallen der Lima-Gruppe ernsthafte Konsequenzen angedroht. Den Gefallen tat Caracas ihnen bis Redaktionsschluss der UZ nicht.

Die bloße Rückkehr Guaidós war aber am Montag nicht die einzige Provokation in Caracas. Am Flughafen Maiquetía wurde der Putschist von Botschaftern der Staaten, die ihn als „Übergangspräsidenten“ anerkennen, erwartet. Die inszenierten sich dort quasi als menschliche Schutzschilde. Der deutsche Botschafter in Caracas erklärte für die Anwesenden: „Wir wollen helfen und unterstützen, dass er sicher und gesund zurückkehrt.“

Diplomaten, die für das sichere Geleit eines fast schon gescheiterten Putschisten garantieren wollen, so dass dieser vielleicht doch noch eine zweite Chance erhält? Guaidó bedankt sich auch gleich artig über Twitter: „Wir danken den Botschaftern von Argentinien, Brasilien, Kanada, Chile, Peru, Ecuador, den USA, Deutschland, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Portugal und Rumänien, die unsere Ankunft in Venezuela begleitet haben, um das weltweite Bekenntnis zu unserer Demokratie zu demonstrieren.“ Demonstriert haben die Diplomaten damit aber vor allem, was sie von diplomatischen Gepflogenheiten und dem Völkerrecht halten. Der US-Völkerrechtler Alfred de Zayas stellte fest: „Der von den Botschaftern Frankreichs, Deutschlands, Spaniens am Flughafen von Caracas gezeigte ‚Schutz‘ war unvereinbar mit ihren diplomatischen Aufgaben und eine direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Venezuela.“ In diesem Zusammenhang sei an die große Aufregung erinnert, für die der Botschafter der USA in Deutschland, Richard Grenell, im vergangenen Jahr sorgte, als er in einem Interview mit der Rechtsaußen-Propagandaseite „Breitbart“ sagte, er wolle „andere Konservative in Europa stärken“. So eine Ankündigung, so die damals einhellige Meinung, widerspreche der diplomatischen Etikette. Im Falle Venezuelas gelten da wohl andere Regeln.

Während sich die führenden EU-Staaten hinter den Putschisten stellen, hat Russland Venezuela weitere Hilfe zugesagt. Der russische Außenminister Sergei Lawrow traf sich am vergangenen Freitag in Moskau mit der venezolanischen Vizepräsidentin Delcy Rodríguez und lehnte dabei jegliche militärische Einmischung von Seiten der USA erneut ab: „Wir werden diesen Versuchen kategorisch entgegentreten.“ Russland und China hatten zuvor Veto gegen die von den USA vorgelegte Resolution zu Venezuela im UN-Sicherheitsrat eingelegt. Nach dem Gespräch mit Rodríguez sagte Lawrow, Russland wolle nach der gerade erfolgten Lieferung von 7,5 Tonnen Medikamenten weitere Hilfe nach Venezuela schicken. Die Listen mit notwendigen Medikamenten werden gerade geprüft. Im Januar hatte Russland bereits 30 000 Tonnen Weizen geliefert. Vizepräsidentin Rodríguez kündigte an, dass der von den USA mit Sanktionen belegte staatliche Ölkonzern PDVSA seinen Europa-Sitz von Lissabon nach Moskau verlegen werde. Venezuela richte seine Beziehungen neu aus, weil die Europäische Union „ihre eigenen kapitalistischen Gesetze“ verletze und die Sicherheit venezolanischen Eigentums nicht garantieren könne.

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"Nicht übers Stöckchen gesprungen", UZ vom 8. März 2019



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