Keiner will Vizemeister werden

Nicht Schürrle!

Von Karl Rehnagel

Die Kneipe öffnete alleine für uns – das Freitagsspiel wird unverschlüsselt im TV gezeigt – und so ließen wir uns nicht lumpen und erschienen halbwegs geordnet, also wie immer.

Statt AubaGEGANG, der sich zu Arsenal London gepeinlicht hat, präsentierte der BVB direkt einen Neuzugang, Michy Batshuayi, und ich frage mich langsam, wo das alles enden soll. 2017/18 hat der BVB folgende Spieler geholt: Jacob Bruun Larsen, Dominik Reimann, Dan-Axel Zagadou, Sergio Gómez, Jeremy Toljan, Jadon Sancho, Ömer Toprak, Mahmoud Dahoud, Maximilian Philipp, Manuel Akanji, Andriy Yarmolenko und eben Michy Batshuayi. Also eine komplette neue Mannschaft plus Ersatzspieler. Das ist Wahnsinn und Schwachsinn in einem, neben dem nicht zu findenden Spielfluss bleibt auch die Identifizierung der Fans mit der Truppe auf dem Rasen komplett auf der Strecke.

Ein anderer kommt in diesem Spiel häufig an den Ball, den nicht nur ich schon lange nicht mehr im schwarzgelben Trikot sehen will, und so raunt es allenthalben durch den Pub: „Nicht SCHÜRRLE!“

Jener Schürrle ist für mich der Inbegriff des völlig überbezahlten, gesichts- und kritiklosen Fußballsöldners. Leverkusen, Chelsea, Wolfsburg, Dortmund, dem Herrn Schürrle ist es egal wo er den Ball nicht trifft, Hauptsache die Knete stimmt. In Dortmund sind es sagenhafte sechs (!) Millionen Euro im Jahr und ganz ehrlich, seine fußballerischen Fähigkeiten sind nicht ein Zehntel davon wert. Als will er mich Lügen strafen, läuft Schürrle nun wie ein gerupftes Huhn über den Platz, sprintet, grätscht, flankt und schießt ganz am Ende das Siegtor. Von uns bekommt er trotzdem ein gemeinsam gestöhntes „Nicht SCHÜRRLE!“, denn es steht zu befürchten, ihn jetzt häufiger in der Startelf zu sehen. Bitte nicht.

Der Neue, Michy Batshuayi, schlägt sich wacker und macht drei Hütten, von denen immerhin zwei zählen. Ob graue Eintagsfliege oder schwarz-gelber Dauerbrummer muss sich allerdings in den nächsten Spielen erst zeigen.

Und sonst? Den 2. Platz hinter dem Bayer will keiner haben, er stinkt oder müffelt oder wasauchimmer. Leverkusen nicht (0:0 in Freiburg), Schalke schon gar nicht (1:2 zu Hause gegen Abstiegskandidat Bremen), Frankfurt überhaupt nicht (0:3 gegen Augsburg) und Red Bull Leipzig nur mit äußerstem Widerwillen (0:1 in Gladbach), aber Red Bull Leipzig ist ja auch kein Fußballverein und zählt somit nicht. Kurios diese Antipathie gegen den Vizemeisterpreis allemal.

Und sonst? Der SC Freiburg, nicht nur ob seines Trainers eine außergewöhnliche Mannschaft, mit einem Etat von gerade 77 Millionen Euro (Vergleich Bayern: 642 Millionen), mausert sich still und unheimlich durch die Liga. Von den letzten 9 Spielen verloren sie keines und konnten sogar 4 davon gewinnen. Tabellenplatz 12. Und Augsburg, fröhlich gehandelter Absteiger, 69 Millionen Euro „schwer“, steht gar auf dem 7. Tabellenplatz. Erstaunlich. Schön.

Zitat des Spieltages? „Für Köln gilt heute das alte Swinger-Club-Motto: ‚Alles kann, nichts muss.‘ Nur umgekehrt.“ (11 Freunde). Eben.

Wir stoßen mit dem letzten Bier und einem gemeinsamen „Nicht SCHÜRRLE!“ an, bevor wir den Räumlichkeiten in die Dortmunder Nacht entfleuchen. Drei Punkte, irgendwie, immerhin, was soll‘s und nächste Woche gegen den HSV nachlegen. Vielleicht kriegen wir ihn ja doch noch, den stinkenden zweiten Platz. Memo an mich: Für Morgen frische Socken raus legen.

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"Nicht Schürrle!", UZ vom 9. Februar 2018



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