Vier kommunistische Parteien diskutierten über den Kampf gegen die EU

Nicht reformierbar

Am 12. und 13. März fand in Lüttich die 11. Vier-Parteien-Konferenz statt, bei der sich seit 2006 die Kommunistische Partei Luxemburgs (KPL), die Partei der Arbeit Belgiens (PTB-PvdA), die Neue Kommunistische Partei der Niederlande (NCPN) und die DKP einmal jährlich zu Themen von gemeinsamem Interesse zusammenfinden. Wie schon 2015 in Groningen war auch dieses Jahr die Partei der Arbeit der Schweiz als Beobachterin eingeladen. Nicht ausgeschlossen, dass dieses Treffen künftig als Fünf-Parteien-Konferenz fortgeführt wird.

Gibt es eine ‚europäische Bourgeoisie‘?

Jeweils zehn Delegierte der vier Parteien sowie zwei Vertreter aus der Schweiz diskutierten während einer inhaltlich und organisatorisch exzellent vorbereiteten Konferenz zwei Tage über Zustand, Charakter und Zukunft der Europäischen Union. Dabei kamen viele Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Bewertung des derzeitigen Zustands zutage. Auch die Charakterisierung als imperialistischer Zusammenschluss, der einen Suprastaat anstrebt, war allgemeiner Meinungsstand, wobei die belgische Partei der Arbeit bei der herrschenden Gruppe von einer „europäischen Bourgeoisie“ spricht, während die anderen Parteien die nationalen Bourgeoisien als nach wie vor bestehend und aktiv ansehen. Die Frage der kommunistischen Kräfte, wie die EU zu überwinden sei, könnte bald – ohne selbst entscheidend dazu beigetragen zu haben – abgelöst sein von der Frage, ob man auf ein relativ plötzliches Ende der EU von linker Seite vorbereitet ist. Denn alle waren sich einig, dass Rechtskräfte auf dem Vormarsch sind und so gleichermaßen zur Krise der Union beitragen als auch von ihr profitieren können. Dennoch dürfe man sich nicht davon abhalten lassen, die EU zu bekämpfen.

Alle Parteien streben ein Modell an, das anstatt der EU und nicht etwa auf ihren Grundmauern aufzubauen ist und dann nicht den Unternehmen, sondern selbstverständlich den Menschen zugute kommen muss. Klar ist, dass es kein Zurück zu irgendwelchen „Werten“ geben kann, die die EU angeblich einmal zu Gründungszeiten gehabt habe. Deren Vorläufer Montanunion, EWG und EG waren Kinder des Kalten Krieges, und nach der Einverleibung der ehemals sozialistischen Staaten Osteuropas und der Einführung der Einheitswährung ging es nur um Einflussverteilung zwischen den dominierenden Ländern, die derzeit zugunsten Deutschlands entschieden ist.

Wie groß der Einfluss der USA auf die heutige EU ist, war Thema einer aktuell einberufenen Debatte. Die NCPN formulierte in ihrem Eingangsreferat, dass die EU erheblich von den USA dominiert sei. Alle anderen Parteien widersprachen dieser Ansicht, da die Europäische Union heute eher von Konkurrenz denn von Partnerschaft zu den USA geprägt sei. Im Gegenteil bedienten sich die Vereinigten Staaten kleinerer Staaten wie Polen, Ungarn oder aus dem Baltikum, um Keile in die EU zu treiben. Diverse militärisch ausgetragene Konflikte (Libyen, Syrien, Ukraine) zeigten zudem, dass die Interessen der Kapitalkreise eher auseinanderdriften, trotz gemeinsamer NATO-Mitgliedschaft.

Dass die Flüchtlingsfrage zu einem Sprengsatz für den Zusammenhalt der EU werden kann, unterstrichen die Organisatoren dadurch, dass auch zu diesem Thema kurzfristig ein zusätzlicher Diskussionsstrang eingebaut wurde. Interesse gab es an den Ausführungen der DKP-Delegation, da in Deutschland eine große Anzahl von Flüchtlingen untergekommen ist; aber auch wegen der Haltung der Bundeskanzlerin und den Implikationen, wie sie die drei Landtagswahlen nach Konferenzende erwartungsgemäß brachten. Auch Luxemburg hat mit etwa 3 000 Flüchtlingen im Verhältnis zu seiner Größe viele Menschen aus Syrien und dem Irak aufgenommen, während in der Schweiz 2015 ganze 50 Personen Zuflucht gefunden haben: die Schweiz hat ein Abkommen mit der EU geschlossen, wonach sie sich die Menschen nach Religion, Hautfarbe und Qualifikation aussuchen darf.

Die DKP-Delegation zeigte sich im Anschluss angetan von der Konferenz und den inter­essanten Debatten. Sicher wird vieles davon in den entsprechenden Parteigruppen ankommen. Im Jahr 2017 soll die 12. Vier-Parteien-Konferenz zum dritten Mal in Deutschland stattfinden; ein Konferenzthema steht noch nicht fest.

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"Nicht reformierbar", UZ vom 18. März 2016



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