Das ehemalige RAF-Mitglied Daniela Klette befindet sich nun bald ein Jahr in Untersuchungshaft im Frauengefängnis Vechta. Der 66-Jährigen wird unter anderem versuchter Mord im Zusammenhang mit 13 Überfällen vorgeworfen. Weiter wirft die Anklage ihr unerlaubten Waffenbesitz sowie versuchten und vollendeten schweren Raub vor. Die Verteidigung hatte die Ermittlungen zuvor kritisiert und auf erhebliche Mängel in der Anklage verwiesen.
Viele Jahre lang fahndete die Staatsanwaltschaft Verden nach Klette. Zusammen mit den beiden anderen ehemaligen RAF-Mitglieder Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg soll sie zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein überfallen haben, um ihr Leben im Untergrund zu finanzieren. Nach Staub und Garweg wird weiterhin gesucht.
Auch Jahrzehnte nach der Auflösung der RAF versteht sich Klette weiterhin als Linke und Revolutionärin. Zuletzt richtete sie sich im Januar mit einem vom Schauspieler Rolf Becker vorgelesenen Grußwort an die Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung „junge Welt“. In der Grußbotschaft ordnete die Inhaftierte das Justizverfahren gegen sich als einen Prozess gegen eine emanzipatorische, linksradikale und antikapitalistische Opposition ein, der mehrere Jahre dauern werde. Dabei nahm sie auch auf politische Ereignisse in ihrer Jugend Bezug.
Sie sei 17 Jahre alt gewesen, als der vietnamesische Befreiungskampf den US-angeführten Imperialismus besiegt habe. Der unglaubliche Sieg sei mit weltweiter Solidarität erkämpft worden, trotz der Massaker an der vietnamesischen Bevölkerung, die die US-Militärs mit der Hilfe und Komplizenschaft des Westens, allen voran Deutschlands, verübt hatten. Ein Jahr zuvor hatte sie mitbekommen, dass das im Hungerstreik befindliche RAF-Mitglied Holger Meins durch Zwangsernährung im Gefängnis ums Leben kam.
Klette verwies auf eine Reihe von antikolonialen Kämpfen und Versuchen der Befreiung, so auf den Kampf der Black Panthers gegen die rassistische Unterdrückung und für die Revolution in den USA, auf den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika und auf die Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN) in Nicaragua.
Hierbei habe sie zu verstehen begonnen, was die Menschheit von Kapitalismus und Imperialismus zu erwarten habe. Von nun an verstand sie sich als Teil der weltweiten Bewegungen, die für die Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Kapitalismus und Patriarchat und gegen Krieg und Militarismus kämpften.
Klette führte aus, dass sich die Mächtigen „im Kampf für den Erhalt ihrer Macht zum großen Krieg“ rüsten. Die Gesellschaft sei von „wachsender Armut, Militarisierung und einer nach rechts tendierenden Entwicklung geprägt“. Der Kapitalismus steuere in Richtung des ökologischen GAUs. „Der Zustand der heutigen Welt zeigt überdeutlich, dass die Fragen nach der Überwindung dieser Zustände gerechtfertigt waren und heute notwendig sind. Diese Fragen sind Fragen an uns alle, und wir werden sie nur kollektiv und in großen Bewegungen beantworten können. Ich wäre gerne bei Euch, um gemeinsam an diesen Fragen zu arbeiten. Aber die Repression und der staatliche Wille, die Geschichte der Fundamentalopposition abzuurteilen, lässt das nicht zu“, so das ehemalige Stadtguerilla-Mitglied.
Klette stellte sich in ihrem Grußwort in einen solidarischen Zusammenhang mit den Langzeit-Gefangenen Mumia Abu-Jamal und Leonard Peltier in den USA sowie den gefangenen Anarchistinnen und Anarchisten Marianna, Dimitri, Nikos, Dimitra in Griechenland und vielen anderen politischen Gefangene weltweit.
Zum Ende rief Klette dazu auf, ihren Prozess zu besuchen, „auch als Ausdruck davon, dass es nicht nur ein Prozess gegen mich ist, sondern auf einer anderen Ebene ein Prozess gegen alle, die sich mit der Frage der Überwindung des Kapitalismus auseinandersetzen. Ich würde mich sehr über jegliche Solidarität freuen!“