Nicht kontrollierbares Wettrüsten

Nach dem Test eines neuen Marschflugkörpers durch die USA hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine „deckungsgleiche Antwort“ angekündigt. Russland müsse zuerst die Bedrohung durch die USA analysieren und dann „umfassende Maßnahmen“ ergreifen, sagte er bei einer Sitzung des russischen Sicherheitsrates. Er sehe den Raketentest auch als Beweis, dass die USA die Schuld für das Aus des INF-Vertrags trügen.

Der Test von der Insel San Nicolas in Kalifornien wäre nach dem INF-Vertrag verboten gewesen, der jedoch seit dem 2. August nicht mehr gilt.

Dass der Marschflugkörper nur wenige Tage nach dem Ende des Abkommens abgefeuert wurde, zeigt nach Auffassung der russischen Regierung, dass Washington dies schon lange geplant habe.

Bei einem verbalen Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat hatten die USA am Donnerstag vergangener Woche ihren Test verteidigt. Russland habe den Bruch des INF-Vertrags selbst herbeigeführt, so der amtierende US-Botschafter Jonathan Cohen.

Neu entwickelte russische Waffen seien laut Cohen eine Bedrohung. Darunter sei eine nuklear bestückte Unterwasser-Drohne, „die gegnerische Küstenstädte und Häfen in einer radioaktiven Flutwelle zerstören soll“.

Der Stellvertretende russische Botschafter Dmitri Poljanski warnte dagegen: „Wir sind alle nur einen Schritt von einem Wettrüsten entfernt, das nicht mehr kontrolliert oder reguliert werden kann.“ Es stehe nicht weniger auf dem Spiel als die Existenz der Menschheit. Er prangerte auch das Ausbleiben von Kritik der EU-Staaten an den USA angesichts des Tests und der offensichtlichen Bereitschaft von US-Präsident Donald Trump zu einem Wettrüsten an.

Währenddessen hat sich der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki offen für die Stationierung von Atomraketen in Europa ausgesprochen. Auch er schloss sich der offiziellen NATO-Diktion an, Russland habe den Vertrag gebrochen.

Zugleich sprach sich Morawiecki für ein neues, umfassenderes Abkommen aus. „Wir sollten uns um einen neuen Abrüstungsvertrag bemühen, der auch China einschließt“, forderte der Premier. „Nicht nur von Moskau, sondern auch von Peking geht eine Bedrohung für die freie Welt aus.“

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"Nicht kontrollierbares Wettrüsten", UZ vom 30. August 2019



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