Nicht gegriffen

Werner Sarbok im Gespräch mit Reiner Heyse

Informationen der Initiative auf www.seniorenaufstand.de

Reiner Heyse ist Mitinitiator der gewerkschaftlichen Initiative „Seniorenaufstand“­

Reiner Heyse ist Mitinitiator der gewerkschaftlichen Initiative „Seniorenaufstand“­

( Ulf Stefan, Kieler Arbeiterfotografen)

UZ: Ihr wolltet in den Bundestagswahlkampf eure Forderung einbringen, dass die Standardsicherung im Alter durch die gesetzliche Rentenversicherung wieder hergestellt werden muss. Die zunehmende Altersarmut soll dadurch wirksam bekämpft werden. Ist euch das gelungen?

Reiner Heyse: Das ist uns nicht ausreichend gelungen, das macht das Wahlergebnis deutlich.

UZ: Warum hat das Thema im Wahlkampf nicht deutlicher gegriffen?

Reiner Heyse: Wir wollten verhindern, dass das Thema Renten vollständig aus dem Wahlkampf herausgelassen wird. Diese Absicht hatten Merkel und Nahles im Jahr 2014 geäußert. Gemeinsam mit anderen haben wir das immerhin durchbrochen. Die Renten wurden zum zentralen Thema von ver.di, der IG Metall und des DGB. Dass wir das Thema in die Öffentlichkeit gebracht haben, hat Gegenreaktionen seitens der Lobbytätigkeit der Finanzindustrie hervorgebracht. Und zusätzlich – und das war das Entscheidende – wurde die öffentliche Diskussion im Wahlkampf, auch von den Medien vorangetrieben, auf Flüchtlinge und Asylpolitik gelenkt, die sozialen Themen wurden dagegen weitgehend ausgeblendet.

UZ: Was erwartet ihr von der neuen Regierung?

Reiner Heyse: Mit Jamaika wird der Rentensenkungskurs der Vergangenheit weitergeführt und noch weiter verschärft. Noch mehr Privatisierung der Altersversorgung und die weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters ist in der Programmatik der zukünftigen Regierungsparteien enthalten.

UZ: Wie wollt ihr zukünftig gegen diese Politik wirken?

Reiner Heyse: Wir werden die Verteilungsfrage stärker herausstellen, stärker thematisieren, wie der erarbeitete Reichtum in diesem Land verteilt wird. Unser Ziel ist eine Umverteilung von oben nach unten. Damit wollen wir dagegen auftreten, dass die Interessen der Rentner und Flüchtlinge gegeneinandergestellt werden, dass sie gegeneinander ausgespielt werden.

Wir wollen uns konzentrieren auf die Forderung der Lebensstandardsicherung im Alter, die Verhinderung von Altersarmut und Begrenzung der Lebensarbeitszeit. Wir dürfen und wollen nicht arbeiten bis zum Tod. Die Lastengerechtigkeit muss durch die gesetzliche Rentenversicherung hergestellt werden. Wir sehen im österreichischen Rentenmodell gute Ansätze, dass wirksame Reformen auch hier möglich sind.

UZ: Was ist weiter erforderlich, damit der Kampf für ausreichende Renten und eure anderen Ziele erfolgreicher wird?

Reiner Heyse: Die Zusammenarbeit innerhalb der Gewerkschaften muss intensiviert, aber auch die Bündnisse mit anderen Organisationen müssen erweitert und verbreitert werden. Dazu ist auch innerhalb der Gewerkschaften erforderlich, die Kritik am regierungstreuen Kurs weiterzuentwickeln. Wir sehen es als problematisch an, dass der DGB auf Anschlussfähigkeit mit den großen Parteien setzt. Auch das hat zu dieser heutigen Situation und diesem Wahlergebnis geführt.

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"Nicht gegriffen", UZ vom 6. Oktober 2017



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