Kommunistische Parteien der Region äußern sich zur Wahl in Belarus

Nicht dem Raub freigeben

Am 9. August haben in Belarus Präsidentschaftswahlen stattgefunden. Die Zentrale Wahlkommission des Landes teilte mit, dass der bisherige Präsident Alexander Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen habe, die stärkste Oppositionskandidatin, Swetlana Tichanowskaja, habe 9,9 Prozent erhalten. Laut Opposition handele es sich um eine Wahlfälschung, in Wahrheit habe Tichanowskaja, die sich inzwischen in Litauen aufhält, die Wahl gewonnen. Es gibt Proteste, Polizeieinsätze und Verhaftungen. Die Opposition wird dabei vom Westen unterstützt, sowohl die meisten EU-Staaten, darunter ganz vorn die Bundesregierung, als auch die USA fordern eine Neuauszählung oder Neuwahlen, es wird mit Sanktionen gedroht. Die Russische Föderation und die Volksrepublik China haben die Wahlen anerkannt.

UZ stellt an dieser Stelle die Einschätzungen der Kommunistischen Partei von Belarus (KPB), die mit elf Sitzen im Parlament vertreten ist, als auch aus den Kommunistischen Parteien der Nachbarländer Russland und Ukraine vor. Wenige Tage vor den Wahlen richteten die Vorsitzenden der KPB, der KPRF und der KPU einen gemeinsamen Aufruf an die Bevölkerung von Belarus. In ihm wird an den gemeinsamen Sieg der Menschen aus den drei damaligen Sowjetrepubliken über den deutschen Faschismus erinnert und auf die Erfolge der Republik Belarus nach dem Zerfall der Sowjetunion hingewiesen: Erhaltung der Industrie, insbesondere des Maschinenbaus, und der Landwirtschaft, keine Aufgabe der staatlichen Planung und Verzicht auf den Ausverkauf der Staatsunternehmen, geringe Arbeitslosigkeit, fehlende Wohnungsnot, keine Privatisierung des Bildungs- und Gesundheitswesens. „Wir wenden uns an die Einwohner von Belarus mit dem Aufruf, nicht auf die wohlklingenden Reden von politischen Abenteurern einzugehen. Die Unternehmen, die Ihnen Arbeit geben, sind Konkurrenten ausländischer Korporationen. Ihre gut bestellten Felder sind ein verlorener Gewinn für Agrarmonster mit ihren genetisch modifizierten Surrogaten. Die sozialen Ausgaben des Staates – das sind von Oligarchen nicht gekaufte neue Villen und Jachten. Bitten denken Sie daran! Das Leben ist nicht nur ein Fest. Schwierigkeiten auf dem Weg können auftauchen. Aber das ist kein Grund, das eigene Land zum Raub freizugeben. Wiederholen Sie nicht die Fehler Ihrer Nachbarn!“, heißt es in diesem Aufruf.

In einer Stellungnahme des ZK der KP von Belarus nach den Wahlen begrüßte die Partei die Wiederwahl Lukaschenkos und weist auf seine Rolle im Rahmen eines Kurses des sozialen Fortschritts, der Verteidigung der nationalen Interessen, der Souveränität und Unabhängigkeit des Landes hin und rief ihre Mitglieder zur Teilnahme an der Demonstration zur Unterstützung von Lukaschenko am 16. August auf.

Nach Beginn der Proteste und Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Polizei erklärte das ZK der KPRF, dass es seit Jahren einen hybriden Krieg von Seiten des Westens gegen das Land gebe. Weiter heißt es: „Die Art der Aktivitäten der sogenannten ‚Opposition‘, ihre Aggressivität und das Befolgen von Anweisungen aus ausländischen Zentren zeigen, dass das Geschehen in Belarus kein spontaner Ausdruck der Unzufriedenheit der Menschen ist. Es ist völlig offensichtlich, dass dies der Versuch eines Staatsstreichs war. Davon zeugt auch die Teilnahme von Bandera-Banden aus der Ukraine, Nachkommen der ‚Waldbrüder‘ aus Polen und dem Baltikum, russischer Liberaler. Wir haben schon gesehen, zu welch schweren Folgen ein analoger Staatsstreich in der Ukraine führte … Es gibt keinen Zweifel, dass ein Wechsel der Führung von Belarus, den unsere Gegner im Westen anstreben, unmittelbar zu einer groß angelegten Privatisierung, besser gesagt, zu einer zügellosen Ausplünderung der nationalen Errungenschaften des Landes, zu einer Zerstörung aller Errungenschaften im sozialen Bereich, zu Gebühren für Bildung und Gesundheitswesen führen wird, Millionen Menschen werden in Armut versinken ….“ Die KPRF fordert von der russischen Regierung eine deutliche Unterstützung des Nachbarlandes.

Ähnlich äußerten sich zahlreiche andere linke Organisation in der Russischen Föderation sowie die in dem Dachverband „Union Kommunistischer Parteien – KPdSU“ zusammengeschlossenen 18 KPen aus dem postsowjetischen Raum, deren Erklärung mit den Worten endet: „Wir sind mit dem Präsidenten und dem arbeitenden Volk von Belarus!“

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Nicht dem Raub freigeben", UZ vom 21. August 2020



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Herz.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit