Katja Schnitter über die Hintermänner des CDU-Nachwuchskaders

Nicht Amthor ist der Skandal

Katja Schnitter

Philipp Amthor ist das schmierige kleine Kind der CDU. Der 27-Jährige hat sich von einflussreichen Freunden auf den Platz im Bundestag schieben lassen, auf dem er heute hockt. Erst gab es ein Stipendium der Konrad-Adenauer-Stiftung, dann holte er sich im vergangenen Dezember per Beitritt zur katholischen Kirche höhere Weihen – und ließ sich parallel von einem dubiosen Geheimdienstkonzern namens „Augustus Intelligence“ schmieren. Dort saßen schon so reaktionäre Gestalten wie der ehemalige Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen, der über das Abkupfern seiner Doktorarbeit gestolperte Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sowie der frühere BND-Boss August Hanning.

Wie der „Spiegel“ berichtete, bat Amthor schon im Oktober 2018 per Brief mit offiziellem Bundestags-Briefkopf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier um politische Unterstützung für „Augustus“ und vermittelte mindestens zwei Treffen von Abgesandten des Unternehmens mit Altmaiers damaligem Staatssekretär Christian Hirte. Was dabei genau besprochen wurde, blieb unter Verschluss, aber als Gegenleistung erhielt Amthor bei seinen Auftraggebern einen Direktorenposten und Aktienoptionen. Außerdem kassierte er als „freier Mitarbeiter“ einer mit „Augustus“ verbundenen Wirtschaftskanzlei zusätzlich bis zu 3.500 Euro im Monat – was er dafür tun musste, wollte er nachfragenden Journalisten lieber nicht sagen.

Seine Parteifreunde, die vor einigen Wochen noch gefordert hatten, auch zwölfjährige Kinder vor Gericht stellen zu dürfen, nehmen Amthor nun in Schutz, weil er ja „noch jung“ sei. Zu blöd, sich schmieren zu lassen, wäre vielleicht die bessere Beschreibung für den Bubi, der eigentlich CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern werden wollte. Vielleicht aber lässt man den Knilch jetzt ganz bewusst ins Messer laufen, um vom eigentlichen Skandal abzulenken: den engen Verbindungen der „Tarnfirma eines Geheimdienstes“ in die höchsten Reihen der deutschen Politik. Wer glaubt, dass die Liste der mit „Augustus“ verbundenen Politiker mit den bisher bekannt gewordenen schon endet, dürfte zumindest naiv sein.

Aber was macht dieses Unternehmen eigentlich? „Augustus Intelligence“ behauptet auf seiner Homepage, den Kunden „künstliche Intelligenz“ für die Auswertung großer Datenmengen anzubieten. Das Ganze ist schön in knalligen Farben und mit an Science Fiction erinnernden Grafiken garniert. Umworben wird von der in New York registrierten Firma auch ganz offen die Europäische Union, deren Präsidentschaft ab Juli Deutschland innehat. Nur, was man ganz konkret macht, lässt sich aus der Selbstdarstellung nicht entnehmen. Auch Wirtschaftsmedien wie das „Handelsblatt“ geben sich ratlos.

Der Internet-Fachjournalist Sascha Lobo nimmt den Kollegen die Ahnungslosigkeit allerdings nicht ab und warnt vor der „Privatisierung von Sicherheitsbehörden“. „Augustus Intelligence“ erinnert ihn an das US-Unternehmen Palantir, einen der „wichtigsten und unerbittlichsten Überwachungskonzerne der Welt mit besonderem Fokus auf Geheimdienste, Polizeibehörden und Verwaltungen“. Die Firma habe zum Beispiel das Killerdrohnen-Programm des Pentagon übernommen, nachdem das selbst Google zu eklig wurde.

Wenn man sich die Personalliste von „Augustus Intelligence“ anguckt, mit zwei ehemaligen Geheimdienstchefs und einem Ex-Verteidigungsminister im Team, dann wird die Vermutung Lobos durchaus schlüssig. Solche Leute planen nicht kurzfristig. Also krallt man sich einen schön formbaren „Hoffnungsträger“, der noch lange in den Fluren des Berliner Reichstages umherspuken kann. Umso besser, wenn er auch noch eine so peinliche Ausstrahlung hat, dass er nicht wirklich ernst genommen wird. Das hat schon mal geklappt – auch eine „Birne“ wie Helmut Kohl wurde Kanzler.

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"Nicht Amthor ist der Skandal", UZ vom 26. Juni 2020



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