XXII. Internationale
Rosa-Luxemburg-Konferenz
„Gegen rechts ist nicht genug –
sozialistische Alternativen erkämpfen“
Die stellvertretende Direktorin der kubanischen Zeitung „Granma“ berichtet über den Aufbau des Sozialismus in Kuba, die italienische Band Banda Bassotti stellt einen Film über ihre internationalen Solidaritätsaktionen vor, ein brasilianischer Abgeordneter spricht über den „Aufbau einer neuen Linken“. Ab 18.00 Uhr diskutieren Bernd Riexinger (Vorsitzender der Linkspartei), Aitak Barani (Zusammen e. V.), Ellen Brombacher (Kommunistische Plattform in der Linkspartei) und Patrik Köbele (Vorsitzender der DKP) über die Frage: „Nach der Bundestagswahl 2017: NATO führt Krieg – die Linke regiert?“
Die DKP lädt im Rahmen
der Konferenz ins „Café K“ ein.
14. Januar 2017, ab 11.00 Uhr,
Berlin
Das vollständige Programm unter:
rosa-luxemburg-konferenz.de
UZ: Vor ein paar Jahren hat die „taz“ geschrieben: „Die Rosa-Luxemburg-Konferenz ist eine Art politischer Parallelkosmos zu der Welt da draußen.“ Ist die das?
Stefan Huth: Das glatte Gegenteil ist richtig. Die Rosa-Luxemburg-Konferenz hat sich inzwischen als Neujahrsempfang der bundesdeutschen Linken etabliert. Wir haben hier Leute, die auf der fortschrittlichen Seite politisch aktiv sind, aus verschiedenen Spektren repräsentativ versammelt. Zu der Veranstaltung kommen regelmäßig mehr als 2 500 Besucher, im Prinzip die Leserschaft der „jungen Welt“. Sie ist gleichsam eine Ausgabe der Zeitung in Konferenzform. Wir sind Veranstalter der RLK, aber sie wird von einer Art Bündnis aus über 30 Organisationen und Publikationen unterstützt – ich würde schon behaupten, dass es da eine deutliche Bodenhaftung gibt.
UZ: Ein breiter Querschnitt – was verbindet diese Menschen?
Stefan Huth: Die Konferenz spricht Leute an, die an gesellschaftlicher Veränderung interessiert sind, denen nicht gefällt, wie die Wirtschaft, wie das politische Leben hier organisiert ist, die dem Auftrieb der Rechten etwas entgegensetzen wollen, die also auch nach Organisationsformen, nach Gedankenaustausch suchen, die an inhaltlichem Streit und Auseinandersetzung interessiert sind. Die Konferenz versucht immer, den politischen Blick der Besucherinnen und Besucher zu weiten, neue Horizonte zu öffnen jenseits des kapitalistischen Elends.
Deswegen haben wir das Motto der Konferenz auch quasi zweigeteilt und um den Zusatz „Sozialistische Alternativen erkämpfen“ erweitert. Zunächst war so etwas im Gespräch wie: „Den rechten Vormarsch stoppen“. Wir haben das ergänzt, weil wir nicht nur reagieren wollen, sondern Alternativen aufzeigen, Mut machen, Kraft geben für das Jahr und die politischen Kämpfe, die anstehen. Die werden ja keineswegs leichter.
UZ: Der erste Teil des Konferenzmottos heißt: „Gegen rechts ist nicht genug“. Was fehlt daran?
Stefan Huth: Wir wollen zeigen, dass es anders geht, dass es schon mal anders ging. Wir haben immer auch Programmpunkte, die an inzwischen zerstörte sozialistische Gesellschaftsordnungen anknüpfen, die deren Erbe hochhalten und zeigen, was davon es auch für künftige Sozialismusanläufe zu bewahren gilt. Von einer solchen Zukunft sind wir leider weit entfernt, wir gehen von den Niederungen der Kämpfe aus, in denen wir uns befinden. Aber diese Auseinandersetzungen können wir nicht auf Abwehrkämpfe reduzieren. Die Parole „Den rechten Vormarsch stoppen“ wäre auch bei den Grünen, der SPD, im liberalen bürgerlichen Lager konsensfähig. Aber wir wollen einen Schritt weitergehen, gleichsam zu utopischem Denken jenseits der Begrenzungen des Alltags hinaus ermutigen.
UZ: Was ist schlecht an einem Konsens gegen Rechts?
Stefan Huth: Daran ist nichts schlecht. Aber der spezifische Ansatz der „jungen Welt“ ist gerade, weitergehende Fragen aufzuwerfen. Auch auf der Konferenz werden wir uns mit Bündnispolitik befassen: Bei der Podiumsdiskussion – an der ja auch der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele teilnehmen wird – wird es um die Frage eines solchen Konsenses gehen: Um die Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren einer „rot-rot-grünen“ Regierung auf Bundesebene, von der ja jetzt allerorten die Rede ist.
Und natürlich geht es auf der Konferenz auch um praktische nächste Schritte: So sprechen wir über den Protest gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz in München am 18. Februar und den gegen den G20-Gipfel in Hamburg am 8. Juli. Diese Aktionen finden auf Grundlage breiter Bündnisse statt– die wollen wir als Zeitung befördern. Im linken Spektrum steht die „Junge Welt“ auch für einen pluralen Ansatz, der natürlich seine Grenzen hat.
UZ: Einer der Referenten, die ihr eingeladen habt, wird nicht teilnehmen können: Selahattin Demirtas sitzt im Gefängnis des Erdogan-Regimes. Was heißt das für die Konferenz?
Stefan Huth: Wir geben zum Wochenende der Konferenz und der LLL-Demo – das ist eine unserer auflagenstärksten Ausgaben im Jahr – eine Beilage heraus mit dem Schwerpunkt: Kampf für die Freilassung der politischen Gefangenen in der Türkei und in anderen Ländern wie den USA, Spanien oder Brasilien. Darin wird es auch einen Beitrag eines führenden HDP-Genossen geben, der die Lage der Opposition unter Erdogans Terrorregime skizziert. Wir haben die Zusage von Demirtas, dass er sich mit einem Statement an die Konferenzteilnehmer wenden wird – in welcher Form kann ich noch nicht verraten. Die Konferenz wird insofern auch eine Manifestation der Solidarität mit den politischen Gefangenen sein – vor allem, aber nicht nur in der Türkei.
UZ: Auch ein Vertreter der kolumbianischen Guerilla FARC soll sprechen. Steht schon fest, wer das sein wird?
Stefan Huth: Ja, aber das kann ich noch nicht sagen.
UZ: Die Konferenz findet zum ersten Mal im Mercure Hotel MOA statt. Was ändert sich durch den neuen Ort?
Stefan Huth: Das ist ein großes Konferenzhotel in Berlin-Moabit mit einer entsprechend professionellen Logistik, die natürlich ihren Preis hat. Wir müssen ja im Rahmen der Veranstaltung rund 80 Stände unterbringen, das ist ein kleiner Basar von allem, was es so gibt an linker Bewegung, Verlagen und Organisationen. Wir stellen auch eine Simultanübersetzung bereit. Das alles ist eine große Herausforderung für eine kleine Zeitung wie die „junge Welt“ – und auch mit einem hohen ökonomischen Risiko verbunden.
Im Ablauf der Konferenz wird der Block der Referate stärker durch kleine Gesprächs- und Kulturbeiträge unterbrochen sein – und damit zugleich ein wenig politischen Revuecharakter haben, allerdings auf hohem inhaltlichen Niveau. Ich denke, das wird eine Konferenz, die Mut machen kann für das neue Jahr und seine Herausforderungen. Nicht zuletzt, weil sie die ganze Vielfalt linker Aktivität bündelt wie in einem Brennglas.
UZ: Im Oktober habt ihr bekannt gemacht, dass die Existenz der „Jungen Welt“ gefährdet ist, weil ihr einen Fehlbetrag von fast einer Million Euro hattet. Wie ist es möglich, dass ihr trotzdem wieder so eine Konferenz veranstaltet?
Stefan Huth: Wir haben zum Glück viele Unterstützer. Einerseits bringt uns das alles an die Grenze unserer Kräfte, andererseits können wir aus der Konferenz Kraft schöpfen – auch ökonomisch. Selbst wenn wir die RLK mit einem Defizit von ein paar tausend Euro abschließen sollten, was in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall war: Am Ende ist es immer eine gute Investition gewesen, schließlich gewinnen wir dadurch größere Bekanntheit, neue Kontakte und am Ende auch neue Leser, Abos und Mitglieder der jW-Genossenschaft.
UZ: Ihr reagiert auf eure finanziellen Probleme damit, dass ihr Geld in die Hand nehmt, um einen neuen, größeren Raum für die Konferenz zu finanzieren.
Stefan Huth: Ja, selbstverständlich. Wir müssen in die Offensive kommen, dazu gehört auch so etwas.