In den seit vergangener Woche bis Ende Mai 2018 laufenden Betriebsratswahlen nimmt der Versuch rechter Kräfte, Mandate in den Betriebsräten zu erreichen, Konturen an. Seit der bundesweiten Konferenz der AfD-nahen Zeitschrift „compact“, in der der gemeinsame Versuch rechts-nationalistischer Kreise zu den Betriebsratswahlen mit eigenen Listen anzutreten öffentlich wurde, ist auch die mediale Aufmerksamkeit gestiegen. Gibt es doch damit erstmalig seit Jahrzehnten einen koordinierten Versuch nationalistischer Kräfte, in den Betrieben Fuß zu fassen. Mit der Veröffentlichung eines eigenen Werbespots und einer eigenen Zeitschrift wird deutlich, dass das Zusammentreffen von AfD, Compact, Pegida -Vertretern, Identitären und den Akteuren der rechten Vereinigung „Zentrum Automobil“ auf der Konferenz keine Eintagsfliege war. Inzwischen wird deutlich, dass es hauptsächlich Betriebe der Automobilindustrie sind, in denen rechte Listen zu den Wahlen antreten.
In der gemeinsamen Zeitschrift „Alternative Gewerkschaft“, die „Zentrum Automobil“ nach eigenen Angaben bei Daimler, BMW und Opel in zehntausender Auflage verteilt, wird zudem auch der ideologische Hintergrund dieser Kooperation deutlich. Hierbei greifen die Autoren auf bekannte sozialdemagogische Argumentationsmuster zurück. Björn Höcke, Rechtsaußen der AfD beklagt in seinem Artikel unter der Überschrift „Widerstand gegen den Raubtierkapitalismus“, dass „eine kleine Geldmachtelite ihre Interessen auf Kosten der Völker“ durchsetzt. Diese Elite sind wenige „Letzteigentümer der Miteinander verflochtenen internationalen Konzerne“. Wer das erkennt, nämlich die Patrioten, hätte seinen wahren Gegner erkannt: Die internationalen Eliten.
Hier wird altbekanntes auf die heutigen Verhältnisse angepasst: Es sind gierige Manager und nicht das kapitalistische System. Letztlich läuft es auf ein schon von der NSDAP genutztes Muster hinaus. Nur war es damals das „raffende jüdische“ Kapital, das dem „schaffenden nützlichen“ nationalen Kapital entgegengestellt wurde. Schuld an der ganzen Misere ist natürlich nicht das deutsche Kapital, sondern es sind die „politischen Eliten“, hauptsächlich die „gekaufte Opposition“, nämlich die „dezidiert linken Gewerkschaften“, wie der ver.di Vorsitzende Bsirske: „Bereits sein Vater stand der KPD nahe.“ Daher muss „die politische Beeinflussung der Wirtschaft und der Unternehmen angegangen und beendet werden.“
Gepaart wird das Ganze mit der bekannten rassistischen Hetze. Compact-Herausgeber Jürgen Elsässer nennt als Grund, warum Arbeiter sich dem Milliardär Trump, der bürgerlichen Marine Le Pen und der Bankerin Alice Weidel zuwenden sollen, dass diese – trotz ihrer Unterschiede – verstanden hätten, worauf es ankommt, nämlich die Masseneinwanderung und Islamisierung zu stoppen. Wie in einem politischen Lehrbeispiel stellt er dar, wozu diese Argumentation dient: Der Ablenkung von den Ursachen und der Spaltung der Leidtragenden.
Dass die Betriebsratswahlen durch diese Machenschaften erst die Aufmerksamkeit der Medien erreichen, ist ein zu kritisierender Aspekt. Daran wird unterschwellig den Gewerkschaften eine Mitschuld gegeben und ihnen Untätigkeit vorgeworfen. Dem trat Annelie Buntenbach, stellvertretende DGB Vorsitzende, in Interviews deutlich entgegen und betonte, dass der DGB keineswegs gewillt ist, denen das Feld zu überlassen, die auf eine Spaltung der Belegschaft aus sind. Dafür, dass dies nicht nur Außendarstellung ist, spricht die Einrichtung von Arbeitskreisen, die eine genaue Beobachtung vornehmen und schon Monate vor der Medienberichterstattung Materialien und Argumentationshilfen herausgegeben haben. Fraglich ist auch, was eher nützt. Ein Hype dieser eher noch marginalen Gruppen durch eine öffentliche Auseinandersetzung oder die Debatte mit den Gewerkschaftsmitgliedern.
Eine Schlussfolgerung lässt die Entwicklung aber mit Sicherheit zu: Dieses Zusammenspiel zu den Betriebsratswahlen macht deutlich, dass es einen eindeutigen neofaschistischen Flügel in der AfD gibt. Das neue Blau mutiert zum alten Braun.