Seit über 15 Jahren ist die ISS in Betrieb und soll es bis 2024 bleiben

Neue Milliarden für kommerzielle Anbieter

Von Nina Hager

Am dunklen, klaren Nachthimmel kann man sie derzeit in Mitteleuropa auf ihrer Bahn von Süd-england über Nordfrankreich bis Süddeutschland, Österreich und Ungarn beobachten: Die internationale Raumstation ISS (International Space Station), ein Beispiel für erfolgreiche internationale Zusammenarbeit. Trotz mancher Konflikte und auch problematischer politischer Beziehungen zwischen den USA und Russland sowie der Sanktionen der USA, der EU und andere gegen Russland, arbeitet man im All nach wie vor zusammen und gemeinsam mit anderen. China ist, auch weil die USA eine Zusammenarbeit abgelehnt hatten, nicht beteiligt, nahm stattdessen 2011 eine eigene kleine Station in Betrieb.

Saljut und Mir

Einst war es vor allem die Sowjetunion, die mit ihren Saljut-Stationen (1971 bis 1986) und dann mit der Mir (ab 1986, 2001 wurde die Station gezielt über unbewohntem Gebiet zum Absturz gebracht) im erdnahen Weltraum „Pionierarbeit“ verrichtete. Die USA hatten nach einem kurzen Versuch mit Skylab (1973 bis 1979) andere Prioritäten gesetzt: Am 12. April 1981 startete mit der „Columbia“ das erste Space Shuttle.

Am 13. März 1986 erreichte die erste Besatzung die Mir. Leonid Kisim und Wladimir Solowjew starteten Anfang Mai von der Mir mit der Sojus T-15 zur Raumstation Saljut 7, die sie am 6. Mai erreichten. Nach 50 Tagen Aufenthalt auf Saljut 7 kehrte die Besatzung von Sojus T-15 mit dem Sojus-Raumschiff zurück zur Raumstation Mir und nahm dabei wissenschaftliches Material mit. Dies waren bislang die einzigen jemals ausgeführten Flüge zwischen zwei Raumstationen.

Die Mir war die erste komplexe, d. h. aus mehren Modulen zusammengesetzte Station. Zu ihr flogen – wie zuvor zu den Saljut-Stationen nicht nur Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion bzw. Russlands, sondern auch internationale Besatzungen. 1995 startet der erste amerikanische Astronaut zur Mir, noch von Baikonur aus, mit einem Sojus-Raumschiff. Bereits im Juli des gleichen Jahres begannen die Shuttle-Mir-Missionen.

Doch es wurde bald klar, dass die Mir den neuen Anforderungen nicht genügte – weder was die technische Ausstattung betraf noch den Platz. Zudem häuften sich Pannen. Schon in den 90er Jahren begannen die Planungen für eine internationale Raumstation, die letztlich den Namen „ISS“ erhielt. Der Bau begann 1998.

Tracy Caldwell Dyson (USA) in der Kuppel der ISS

Tracy Caldwell Dyson (USA) in der Kuppel der ISS

( NASA/public domain)

Forschung und – möglicherweise – zunehmend mehr Touristen

Seit über 15 Jahren ist die ISS nun in Betrieb. Sie wird von den Raumfahrtbehörden der USA, Russlands, Kanadas und Japans sowie von der europäischen Raumfahrtagentur Esa betrieben. Bis 2011 wurde die Station erweitert. Und schon jetzt ist die ISS das größte künstliche Objekt im Erdorbit. Sie umkreist in ca. 400 km Höhe alle 92 min. um die Erde und hat mittlerweile eine Ausdehnung von etwa 110 m × 100 m × 30 m erreicht.

Nach einer Aufbauphase zwischen 1998 und 2000 sowie der Versorgung der Station mit Luft und Lebensmitteln konnte Anfang November 2000 die erste Langzeitbesatzung mit William Shepard (USA), Juri Gidsenko und Sergei Krikaljow (beide Russland) in die Raumstation einziehen. Sie waren mit der russischen Sojus TM-31 vom Raumfahrthafen Baikonur zur Station gestartet.

Seit dem 2. November 2000 wechseln sich die internationalen Besatzungen ab – es sind vor allem russische Kosmonautinnen und Kosmonauten, US-amerikanische Astronautinnen und Astronauten, Vertreter der ESA, der Europäischen Raumfahrtagentur, Kanadier und Japaner, die auf der Station arbeiten. Dabei bleiben – je nach Aufgabe – die einen nur kurze Zeit, andere Monate.

Am 18. März startete die bislang 47. Mission mit sechs Besatzungsmitgliedern zur Station. Im Juni soll es Mission 48 geben. Voraussichtlich wird die ISS noch bis zum Jahr 2024 Besuch erhalten, werden Wissenschaftler und Ingeneure – Männer und Frauen (bislang 33) – kürzere oder längere Zeit auf ihr arbeiten und verschiedene Forschungs- oder Wartungsaufgaben ausführen. Ab und zu wird auch ein Tourist bzw. eine Touristin an Bord sein. Vielleicht sogar öfter als bisher.

Was danach kommt, ist noch nicht klar. Noch 2015 hieß es, dass Russland bis 2023 eine eigene Raumstation in den Orbit bringen wolle. Heute wirbt der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Igor Komarow, für ein neues internationales Gemeinschaftsprojekt. Es fehlt offenbar an Geld für eine geplante eigene Weltraumstation „Mir 2“.

Kommerzielle „Zulieferer“

Nach dem Ende der Space-Shuttle-Missionen mussten die russische Saljut-Raumschiffe den Transport der Besatzungen übernehmen. Bereits seit Jahren bemüht sich die US-amerikanische NASA um Ersatz – bislang wenig erfolgreich. Nur Transportflüge konnten durch die Einbeziehung privater Anbieter weitgehend gesichert werden. Doch es gab und gibt Probleme. Im Oktober 2014 explodierte Orbitals „Cygnus“-Frachter beim Start. Im Juni 2015 zerbrach ein „Dragon“-Frachter von SpaceX auf dem Weg zur ISS.

Anfang 2016 erhielten allerdings drei Firmen Milliardenaufträge für die nächsten Jahre, denn das NASA-Budget schrumpft: Es sind die Firmen SpaceX, Orbital und Sierra Nevada. Sierra Nevada arbeitet an einem Frachter nach Shuttle-Konzept. Diese Firmen seien in den Jahren 2018 bis 2024 für die unbemannten ISS-Frachtflüge verantwortlich, erklärte ein Nasa-Vertreter. Beginnen soll die erste Mission 2019.

Die „Washington Post“ schrieb laut „Die Welt“ vom 15. Januar von einem möglichen Vertragsvolumen von insgesamt 14 Milliarden Dollar. Die Konkurrenz nimmt zu.

Doch es geht nicht nur um den Transport: Bis 2011 wurde die ISS ständig durch Versorgungs-, Wohn- bzw. Forschungsmodule erweitert, die die NASA, die russische Raumfahrtagentur, die ESA bzw. einzelne der beteiligten Länder gebaut hatten. Jetzt erst soll ein weiteres – „exotisches“ – Bauteil folgen. Die amerikanische Firma Bigelow Aerospace will – eine Premiere – mit einem aufblasbaren Modul an die Station andocken. Was damit geschehen soll, ist unklar.

Bigelow Aerospace möchte übrigens ein Hotel im Weltraum, ein Urlaubsressort in der Umlaufbahn für zahlungskräftige Weltraumtouristen betreiben, und plant das auch für die Zukunft. Die Module dafür sind fertig; zwei umkreisen bereits seit mehr als neun Jahren die Erde.

Nur: Das Hotel ist bislang nicht eröffnet. Es fehlen derzeit die technischen Möglichkeiten, d. h. vor allem die Transportmittel für die „Urlaubsuchenden“. Doch es könnte ein Geschäft für die Zukunft sein.

Noch sind alle Versuche verschiedener Firmen wie SpaceX oder Boeing, entsprechende Mittel für den kommerziellen Astronauten- und Tourisentransport in den erdnahen Weltraum zu entwickeln und damit auch eigene weitergehende Projekte zu verwirklichen, nicht erfolgreich. Es reicht bislang nur für den Transport von Satelliten in den erdnahen Orbit und darüber hinaus oder von Material für die internationale Raumstation …Das aber könnte sich bald ändern.

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"Neue Milliarden für kommerzielle Anbieter", UZ vom 15. April 2016



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