Als ich vor rund 40 Jahren mit einer Gruppe von Studenten der Carl-von-Ossietzky-Universität (benannt nach dem Friedensnobelpreisträger von 1936) durch das Ipweger Moor bei Oldenburg auf der Suche nach einer Raketenstation war, hatten wir – mit gebührendem Abstand – mehrere Begleiter. Die Personenerfassung unserer Gruppe durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) dürfte mit einem einfachen Fernglas und mit einem normalen Teleobjektiv gelungen sein. Auftrag erfüllt. Vermutlich gab es anschließend einen Datenabgleich mit dem Verfassungsschutz (VS), der ja auch für die Observierung des Ostermarsches 1982 zuständig war. Abgleich vermutlich auch mit den Daten des Bundesnachrichtendienstes: Was wusste die Hauptverwaltung Aufklärung des MfS in der Normannenstraße von subversiven Erkundungen auf dem Territorium der BRD? Das wiederum musste der BND wissen. Die DDR war ja eigentlich kein Inland.
Das Spiel „Räuber und Gendarm“ ist vorbei. Der damalige BND-Chef war Klaus Kinkel (FDP), er wechselte von der Auslandsspionage über das Justizministerium ins Bundesaußenministerium. Er kannte sich ja anscheinend aus. Auf Kinkel folgten neun andere Amtsinhaber. Nur Männer. Nun ist der letzte geschasst: Gerhard Schindler (wieder: FDP). Auch er saß wohl auf dem alten Schleudersitz, denn kaum eine Behörde dürfte seit ihrer Gründung unter Nazi-General Reinhard Gehlen bis in die allerjüngste Gegenwart so skandalträchtig sein wie der BND.
Steine zur Demokratie-Verhinderung pflastern den Weg: Überwachung durch NSA, Inlandsspionage für die NSA, Kooperation mit der Telekom, Absaugen am Glasfasernetz DE-CIX, Einsatz von 800 000 Selektoren (Stichwortgebern), … Und der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt beträgt in diesem Jahr mehr als 724 Millionen Euro. Allein für die Internetüberwachung sollen bis 2020 etwa 300 Millionen Euro eingesetzt werden.
Manchem Geheimdienstmann wie Schindler ist der Schlapphut offensichtlich zu groß geworden. Zu seinem Nachfolger wurde für den 1. Juli Bruno Kahl (CDU) bestimmt. Der Mann aus dem Schäuble-Umfeld nennt seine Ziele beim BND nicht. Das wichtigste dürfte sein, dass insgeheim effektiver gearbeitet wird. Überall in der Welt gilt es schließlich, „unsere Interessen“ auch hinter den Kulissen durchzusetzen.
Auch Vize-Chef Michael Klor-Berchtold musste seinen Schlapphut vorzeitig an den Haken hängen. Als vorheriger Botschafter in Somalia und im Jemen kannte er sich zwar im Krisengeschäft aus. Das reichte aber nicht, um das Chaos im BND zu ordnen. Dafür darf er jetzt in Teheran den Botschafter spielen. Dort dürfte er wieder auf alte Spielkameraden stoßen, denn die National Security Agency (NSA) hat ihn wieder im Blick.