Ampel will Kramp-Karrenbauers Bomberprogramm umsetzen – für die „nukleare Teilhabe“

Neue Bundesregierung auf Kriegskurs

Wenig beachtet von der Öffentlichkeit brachten SPD, Grüne und FDP auf Seite 143 ihres Koalitionsvertrages folgende Passage unter: „Wir werden zu Beginn der 20. Legislaturperiode ein Nachfolgesystem für das Kampfflugzeug Tornado beschaffen. Den Beschaffungs- und Zertifizierungsprozess mit Blick auf die nukleare Teilhabe Deutschlands werden wir sachlich und gewissenhaft begleiten.“ Damit geht die neue Bundesregierung weiter als ihre Vorgängerin, ein „Fortschritt“ spezieller Art.

Der „FAZ“ erschien dies so bemerkenswert, dass sie dazu zwei kommentierende Texte veröffentlichte. Bereits am 27. November vermerkten Parlamentskorrespondent Peter Carstens und der außenpolitische Kommentator Klaus-Dieter Frankenberger: „Während sich die Koalitionspartner von 2017 auf keinerlei Gemeinsamkeit zur überfälligen Beschaffung des bald vierzig Jahre alten ‚Tornado‘ einigen konnten”, formuliere das der Ampel-Koalitionsvertrag glasklar. Das bedeute, „jetzt und unverzüglich die Bestellung auf den Weg zu bringen“. Die „FAZ“-Autoren halten außerdem fest, dass die Koalition deutsche Zusagen zu den „NATO-Fähigkeitszielen erfüllen und entsprechend investieren“ werde.

Unter der Überschrift „Poker um den Atombomber“ legte Carstens am 4. Dezember in einem weiteren Artikel nach und hielt fest: „Wie von Geisterhand scheint sich zunächst auch der Grundkonflikt zwischen Befürwortern der nuklearen Teilhabe und deren Gegnern bei SPD und Grünen gelöst zu haben.“ Noch im Wahlkampf hätten der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich und der damalige SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans einen Ausstieg aus der „nuklearen Teilhabe“ und den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland gefordert. Als Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) 2020 die Bestellung neuer US-amerikanischer Trägerflugzeuge ankündigte, „setzte die SPD ein Stoppzeichen“. Das hinderte die Ministerin nicht, im April dieses Jahres den Kauf von 45 US-Flugzeugen vom Typ F-18 vorzuschlagen. Der SPD-Protest hielt sich in Grenzen.

Der „FAZ“-Korrespondent erwog außerdem die Konsequenzen eines Abzugs der „technologisch nicht mehr taufrischen Atomwaffen aus Büchel“. Falls die Bundesrepublik aus der „nuklearen Teilhabe“ aussteige, „dürften die Bomben und die Teilhabe wohl nach Polen gehen“. Selbst engagierte Friedenspolitiker bei SPD und Grünen bezweifelten, „ob es wünschenswert wäre, westliche Atomwaffen an Russlands Grenze heranzurücken“. Im Klartext: Die Ampel könnte für sich in Anspruch nehmen, mit dem Verzicht auf den Abzug der Atomwaffen aus Büchel verhindert zu haben, dass Russland sich zu Gegenmaßnahmen gezwungen sieht. Diesem Muster folgt die Öffentlichkeitsarbeit der neuen Bundesregierung: Fürs Publikum geht es dort allein um atomare Abrüstung. So reiste Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag in die schwedische Hauptstadt zu einem Treffen der 2019 ins Leben gerufenen sogenannten Stockholm-Initiative aus 16 Staaten. Die Tagung fand weniger als vier Wochen vor der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages in New York statt. Das Ziel dort sind nach Baerbocks Worten „konkrete Vereinbarungen“, um dem „Nichtverbreitungsvertrag neue Glaubwürdigkeit und damit auch praktische Geltung zu verschaffen.“ Vom Beitritt zum Atomwaffenverbotsvertrag ist wie bei früheren Bundesregierungen ohnehin keine Rede. Man will zwar als Beobachter bei der ersten Staatenkonferenz des Verbotsvertrages teilnehmen, Hauptsache die neuen US-Atomwaffen kommen in die Bundesrepublik und mit ihnen neue Trägerflugzeuge. Aus der Öffentlichkeit hält die Koalition das heraus – mit Geisterhand.

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"Neue Bundesregierung auf Kriegskurs", UZ vom 17. Dezember 2021



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