Konservative liefern ideologische Grundlage für zunehmende rechte Gewalt in Sachsen

Neofaschistische Gewaltexplosion

Von Markus Bernhardt

Rund um die von der etablierten Politik ausgerufenen diesjährigen Feierlichkeiten anlässlich des sogenannten „Tages der deutschen Einheit“ ist es in Dresden zu einer Reihe verschiedener Anschläge und Aktionen von Neonazis und anderen rechten Gruppierungen gekommen. So kam es Ende der letzten Woche in Dresden zu Sprengstoffanschlägen auf eine Moschee und auf das internationale Kongresszentrum. Dabei nahmen der oder die Täter bewusst oder billigend in Kauf,  dass Menschen getötet oder verletzt werden können, da sich der erste Anschlag direkt an der Eingangstür zur Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde in Dresden und der Wohnung des Imams und seiner Familie ereignete. Auch die sächsische Linkspartei war erneut von Angriffen betroffen. In der Nacht zum Sonntag warfen Unbekannte etwa die Schaufensterscheiben des Abgeordnetenbüros von Luise Neuhaus-Wartenberg in Delitzsch mit faustgroßen Pflastersteinen ein. In der Nacht zum Montag attackierten Unbekannte das Leipziger „linXXnet“. In dem besagten offenen Abgeordneten- und Projektbüro wurde eine großformatige Schaufensterscheibe mit einem unbekannten Gegenstand eingeschlagen.

Ein leitender Polizeibeamter wünschte Pegida-Demonstranten am Montag vor deren Aufmarsch „viel Glück“. Die  Linken, die gegen „Einheitsfeier“, den Nationalismus und gegen Rechts demonstrierten, waren weniger gelitten.

Ein leitender Polizeibeamter wünschte Pegida-Demonstranten am Montag vor deren Aufmarsch „viel Glück“. Die Linken, die gegen „Einheitsfeier“, den Nationalismus und gegen Rechts demonstrierten, waren weniger gelitten.

( De Havilland /flickr.com/CC BY)

In beiden Fällen wurde Anzeige erstattet. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.

Erst kurz zuvor war das Büro der Landtagsabgeordneten Susanne Schaper erneut angegriffen worden, woraufhin der Vermieter der Linksparteipolitikerin die Räumlichkeiten kündigte. Insgesamt zählte die sächsische Linkspartei seit Beginn dieses Jahres 40 gemeldete Ereignisse wie Anschläge auf Büros, Übergriffe auf Wohnungen oder Infostände und Bedrohung von Mitgliedern. Darunter fanden sich allein 35 Sachbeschädigungen, 31 davon an Abgeordnetenbüros. Schwerpunkt der Taten bildete bisher der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge mit 12 gemeldeten Vorfällen, jeweils sechs in Freital und Dippoldiswalde.

Am am „Tag der deutschen Einheit“ selbst kam es zu aggressiven Protesten von Neonazis und extremen Rechten aus dem „Pegida“-Spektrum. Insgesamt mehrere Hundert Menschen nutzten die umstrittenen „Einheitsfeierlichkeiten“, um die anwesende Politprominenz mit Parolen wie „Volksverräter“ und antisemitischen und rassistischen Wörtern niederzuschreien.

Kritik an den Feierlichkeiten kam von der Linkspartei: „Es sei die Frage erlaubt: Was gibt es für wen zu feiern?“. „Bei aller Selbstbeweihräucherung darf nicht der Blick auf Menschen vernebelt werden, für die der Umbruch gebrochene Biographien bedeutet. Abwertung, ideell und finanziell, übrigens unabhängig davon, wie sie vorher zum System gestanden haben. Hinzu kommt Frustration über Lohnungleichheit und niedrigere Ostrenten. Auch Menschen, die für Veränderung gekämpft haben, sind bitter enttäuscht“, monierte Sarah Buddeberg, stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im sächsischen Landtag. Dem pflichtete auch der sächsische Linksparteichef Rico Gebhardt bei. „Viele Menschen haben das Gefühl, dass etwas ganz grundsätzlich nicht mehr stimmt. Dass wir darüber nachdenken müssen, ob die derzeitige Gesellschaftsordnung noch in der Lage ist, die Probleme zu meistern. Leben wir tatsächlich in einer Demokratie? Oder zeigen sich nicht vielmehr feudale Züge in unserer sozialen Verfasstheit?“, erklärte er. Derlei Fragestellungen berühren jedoch weder die sächsische CDU noch die CDU/CSU auf Bundesebene. Am Freitag der vergangenen Woche verkündete Johannes Singhammer (CSU), dass Deutschland „auf der Sonnenseite angekommen“ sei. Gemeinsam mit der sächsischen CDU hatte der bayerische Politiker in Berlin einen „Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur“ vorgestellt.

Darin finden sich die üblichen nationalistischen Floskeln von einem „abendländischen Wertefundament“, den angeblichen „Kraftquellen“ „Heimat und Patriotismus“ sowie deutscher „Leitkultur“. Der Linksparteipolitiker Jan Korte attackierte die Konservativen hingegen harsch. „Die sächsische CDU regiert ein Land, in dem sich ‚gelebter Patri­otismus‘ tagtäglich in Übergriffen auf Flüchtlinge äußert, und die CSU konkurriert in Bayern mit der AfD um die menschenverachtendsten Parolen“, erklärte er. Dass ausgerechnet die Sachsen-CDU und die CSU sich zusammentun, um über eine ‚deutsche Leitkultur‘ zu debattieren, sei „schlicht grotesk“. „Wer in der aktuellen gesellschaftlichen Situation ein ‚wir gegen die‘ konstruiert, der legt Feuer an die Demokratie und spaltet die Bevölkerung“, so der Bundestagsabgeordnete weiter.

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"Neofaschistische Gewaltexplosion", UZ vom 7. Oktober 2016



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