Israel hat ein neues Parlament gewählt

Nein zum Frieden und Ja zur Besatzung

Von Manfred Ziegler

Am 9. April wählte Israel eine neue Knesset. Zwei große Blöcke standen im Mittelpunkt: Die Likud-Partei mit Ministerpräsident Netanjahu und das Wahlbündnis „Blau-Weiß“ mit dem Frontmann Benny Gantz. Das Thema „Sicherheit“ beherrschte den Wahlkampf und beide Seiten überboten sich in ihrer Rhetorik.

Die Liste „Blau-Weiß“ ist von früheren Militärs dominiert. Ehemalige Generäle besetzten drei der vier vorderen Listenplätze. Benny Gantz selbst war 2014 Generalstabschef. Er zeigte in Wahlspots Schwarzweißvideos aus Gaza nach der Operation „Protective Edge“ und brüstete sich seiner Erfolge gegen die Hamas: „6 231 Ziele zerstört, 1 364 Terroristen getötet“. Möglicherweise wird er die Wahlspots noch einmal bereuen: Zurzeit ist eine Klage vor einem Gericht in den Niederlanden anhängig und der Kläger – ein Palästinenser, dessen Familie bei einem dieser Luftangriffe getötet wurde – hat die Wahlspots als Beweismittel an das Gericht übergeben.

Netanjahu musste das Wahlbündnis „Blau-Weiß“ fürchten und steigerte seinerseits die Rhetorik. War schon das Nationalstaatsgesetz ein Angriff auf die nichtjüdischen Einwohner Israels, schrieb er nun auf „Instagram“, Israel sei nicht der Staat all seiner Bürger, sondern nur der Staat des jüdischen Volkes.

Unterstützt wurde Netanjahu unter anderem von US-Präsident Trump, der die israelische Annexion der syrischen Golan-Höhen offiziell anerkannte. Nicht zuletzt mit dieser Hilfe wurde Netanjahu Wahlsieger. Seine Partei erhielt 36 von 120 Sitzen in der Knesset. Aber auch „Blau-Weiß“ kann sich mit 35 Sitzen zu den Wahlsiegern zählen.

Eine Reihe von kleinen Parteien der Rechten ergänzen das Bild. Darunter ist „Jisra’el Beitenu“ mit fünf Sitzen, die „Union der rechten Parteien“ – ein Bündnis aus rechts-religiösen Parteien – mit ebenfalls fünf Sitzen und die ultra-religiöse „Schas-Partei“ mit acht Sitzen.

Die kleineren Parteien gaben Stimmen an die beiden großen Blöcke ab. Dazu gehörte auch die Partei von Naftali Bennett, einem entschiedenen Gegner eines unabhängigen Palästinenserstaates. Während der Regierungskrise im November 2018 unterstützte Bennett mit seiner Partei die Regierung Netanjahu, sodass es nicht zu sofortigen Neuwahlen kam. Mit seiner neuen Partei „Hayemin Hehadash“ (Neue Rechte) scheiterte er an der Sperrklausel von 3,25 Prozent.

Die Arbeitspartei „Awoda“ – Mitglied der sozialdemokratischen Internationale – stürzte auf 4,45 Prozent ab und erzielte damit das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Sie stellt nur noch sechs der 120 Abgeordneten in der Knesset. Viele ihrer Wähler haben „Blau-Weiß“ gewählt.

Zwischen Likud und „Blau-Weiß“ gibt es keine substanziellen Unterschiede und es wurden bereits erste Stimmen laut, die für eine breite Einheitsregierung eintreten. Damit hat Netanjahu zwei Möglichkeiten für die Bildung einer Regierung – eine große Koalition mit „Blau-Weiß“ oder eine Koalition mit einigen der rechten und religiösen Parteien. Es wäre seine fünfte Amtszeit und damit Rekord in Israel.

Auf Seiten der Linken – die Bündnisse von Chadasch (eine Liste, die von der Kommunistischen Partei Israels gegründet wurde) und Ta‘al (6 Abgeordnete), Ra‘am-Balad (4 Abgeordnete) und auch Meretz (4 Abgeordnete) – gab es Verluste. Ra‘am-Balad wurde vor allem von arabischen Israelis gewählt – und bei dieser Wahl erreichte die Wahlbeteiligung unter Arabern einen historischen Tiefpunkt (ca. 50 Prozent).

Armut und Gewalt gegen Frauen waren im Dezember Thema von Demonstrationen. Seit Jahresanfang sind in Israel laut Medienberichten insgesamt 24 Frauen infolge häuslicher Gewalt gestorben. Rund 200 000 Frauen pro Jahr sind aufgrund ihres Geschlechtes Gewalt ausgesetzt. Mehrere Zehntausend Demonstranten verurteilten die Tatenlosigkeit der Regierung und forderten Maßnahmen gegen diese Gewalt. Im Wahlkampf spielte das keine große Rolle.

Ansonsten das Übliche. Ein Demonstrant wurde an der Grenze zu Gaza erschossen, Syrien wurde bombardiert. Ein Vertreter der PLO sagte in der Nacht nach der Wahl: „Die Ergebnisse zeigen, dass die Israelis den Status quo aufrechterhalten wollen. Sie haben Nein zum Frieden und Ja zur Besatzung gesagt. Nur 14 Mitglieder der Knesset sind für eine Zweistaatenlösung.“

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Nein zum Frieden und Ja zur Besatzung", UZ vom 18. April 2019



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit