Am 1. Januar 1994 trat das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (North American Free Trade, NAFTA) in Kraft, das im Dezember 1992 von den USA, Mexiko und Kanada unterzeichnet worden war. Internationaler Hintergrund war der sogenannte „Washington Consensus“, ein wirtschaftliches Programm, das vom Internationalen Währungsfond (IWF) und der Weltbank beworben und gefördert wurde. Es handelte sich um ein Paket von wirtschaftspolitischen Maßnahmen, das lateinamerikanische Länder, vor allem Mexiko, Argentinien und Brasilien, aus der Krise holen sollte. Bei den drei Ländern handelte es sich um die größten Wirtschaften in Lateinamerika, die aber zu diesem Zeitpunkt schon von Stagnation betroffen waren. Trotzdem wurde damals gesagt, dass diese Länder bereit waren, den großen Schritt zu tun und die „Erste Welt“ zu erreichen. Die drei Länder hatten Regierungen, die von Technokraten geführt wurden: Salinas de Gortari in Mexiko, Menem in Argentinien und Collor de Mello in Brasilien. Insofern trifft die „Politik des reifen Apfels“ aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts des US-Präsident John Quincy Adams zu: Die reifen Früchte fielen in die Hände der US-Regierung und ihre Interesse.
Nach 25 Jahren steht fest, dass NAFTA eine Katastrophe für die mexikanische Wirtschaft ist, vor allem in der Agrarproduktion. Bis 2013 waren etwa zwei Million Jobs in diesem Bereich verloren gegangen, da alle Subventionen durch die Regierung eingestellt wurden. Das Ackerland wurde verkauft und 2013 waren 80 Prozent aller Exportprodukte Mexikos in Hände der ausländischen Unternehmen. 70 Prozent der ländlichen Bevölkerung leben in Armut, 20 Millionen Mexikaner sind unterernährt oder leiden unter Anämie und 35 Millionen unter Fettleibigkeit. 28000 Mexikaner gehen jährlich in den USA, etwa 400 sterben bei dem Versuch dorthin zu gelangen. Zwanzig große mexikanische Unternehmen kontrollieren den nationalen Markt. In den letzten drei Jahren hat der mexikanische Peso etwa 35 Prozent an Wert verloren, nachdem die Ölindustrie privatisiert wurde. Im ökologischen Bereich steht es nicht besser. 64 Prozent aller Böden in Mexiko sind gerodet. Fracking wird zur Erdgasförderung angewandt und biologisch modifizierter Mais von Monsanto ist seit dem Amtsantritt von Vicente Fox erlaubt.
Kein Ziel von NAFTA wurde erreicht. Die Wettbewerbsfähigkeit mexikanischer Unternehmen ist nicht gestiegen, sondern viele existieren nicht mehr. Die Auswanderung der Mexikaner wurde nicht gestoppt, sondern hat sich noch verstärkt, und die Armut und Gewalt in Mexiko hat zugenommen. Die Reformen und Privatisierungen haben eine sehr kleine, aber extrem reiche Oligarchie geschafft. NAFTA war ein Erfolg für die Eliten und ein Desaster für das Volk.
Nach 25 Jahren Neoliberalismus hatte das mexikanische Volk davon genug. Die Wahl des Links-Kandidaten Andres Manuel López Obrador zum Präsidenten am 1. Juli diesen Jahres ist eine Folge davon und hat den „roten Alarm“ im Weißen Haus klingeln lassen. Die designierte neuen Regierung in Mexiko und der laufende Handlungskrieg gegen China haben Donald Trump gezwungen, den noch amtierenden Präsidenten Enrique Peña Nieto stärker unter Druck zu setzen, um ein vorläufiges Handelsabkommen allein mit den USA, ohne die Beteiligung Kanadas, zu unterzeichnen.
Damit verfolgt Trump zwei Ziele: Erstens isoliert er Mexiko von China, denn bereits 25 Prozent des mexikanischen Handelsvolumens finden mit China statt. Zweitens setzt Trump Kanadas Premierminister Trudeau unter Druck. Entweder akzeptiert dieser ein bereits verhandeltes Abkommen im äußersten Fall mit geringfügigen Änderungen, oder Kanada bleibt außen vor.
Trumps protektionistische Ansicht des Kapitalismus kollidiert mit dem Neoliberalismus, den seine Vorgänger im Weißen Haus, Kanada, die Europäische Union und ihre asiatische Partner bewerben und unterstützen. Deswegen wird Trump jetzt von der Europäischen Union, seinen alten Partnern und seinen inneren Gegnern bekämpft. Sie schließen dafür Allianzen mit den internationalen Konzernen, die in dieser imperialistischen Phase des Kapitalismus keinen nationalen Markt als Grenze anerkennen. Das neue NAFTA ist eine geopolitische Aktion von Trump im Spiel der Weltpolitik, die für Mexiko eine engere wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA bedeutet.