Wer ist eigentlich Roman Protassewitsch?

Naziterrorist als Menschenrechtler

Nach seiner Festnahme auf dem Minsker Flughafen wird der belorussische Rechtsextremist Roman Protassewitsch in den westlichen Medien als demokratischer Kämpfer gegen eine angebliche Diktatur und als aus politischen Gründen zu Unrecht verfolgter Verteidiger der Pressefreiheit dargestellt. Auch seine mit ihm verhaftete Lebensgefährtin Sofija Sapega sei völlig unschuldig.

Der Sewastopoler Journalist Boris Roshin (colonelcassad.livejournal.com) hat einige interessante Informationen über diese beiden „Freiheitskämpfer“ zusammengestellt.

Protassewitsch war bis vor kurzem leitender Redakteur – und einer der Gründer – des Telegram-Kanals „NEXTA“, der von Polen aus die Aktionen der neoliberalen Opposition zur Herbeiführung eines Staatsstreichs in Belarus koordiniert. Seit einiger Zeit betreibt er seinen eigenen, ähnlich ausgerichteten Telegram-Kanal.

Protassewitsch hat trotz seines Alters von 26 Jahren bereits eine ein Jahrzehnt andauernde Geschichte in der rechtsextremen und faschistischen Bewegung. Bereits 2011 wurde er Mitglied der nationalistischen „Jungen Front“, sehr bald auch in Leitungsfunktionen. Im Jahr 2014 fuhr er in die Ukraine, um dort nach dem Staatsstreich nationalistischer und profaschistischer Kräfte im Krieg gegen den Donbass zu kämpfen. Dort wurde er Mitglied des „Regiments Asow“, einer faschistischen militärischen Formation, die inzwischen in die Nationalgarde der Ukraine eingegliedert wurde. Dort wurde Protassewitsch militärisch ausgebildet und war der für Kommunikation zuständige stellvertretende Kommandeur einer Sturmkompanie. In einem Interview aus dem Jahr 2015 berichtet er über seine unmittelbare Beteiligung an Kämpfen im Donbass, bei denen er auch verwundet worden sei. Seit 2017 arbeitete Protassewitsch beim US-Propagandasender „Radio Swoboda“ und absolvierte in diesem Rahmen Praktika unter anderem in den USA. Im vergangenen Jahr beantragte er politisches Asyl in Polen.

Vor wenigen Tagen hat die Generalstaatsanwaltschaft der Lugansker Volksrepublik ein Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und Beteiligung an Kriegsverbrechen gegen Protassewitsch eröffnet und ist bereit, die belorussischen Behörden bei den Ermittlungen zu unterstützen.

Die gleichzeitig mit Protassewitsch festgenommene russische Staatsbürgerin Sofija Sapega ist Redakteurin des Telegram-Kanals „Schwarzbuch Belarus“. Darin wurden Namen von Angehörigen der bewaffneten Organe von Belarus und anderer Staatsbeamter sowie weitere persönliche Informationen veröffentlicht. Inzwischen wurden Nachrichten aus ihrem konfiszierten Mobiltelefon bekannt, aus denen hervorgeht, dass an Informanten Prämien gezahlt werden. Dies ist offenbar eine koordinierte Aktion mit dem oben genannten Telegram-Kanal „NEXTA“, der zumindest das „Schwarzbuch Belarus“ aktiv bewirbt. Aus den nun veröffentlichten Informationen geht unter anderem hervor, dass geplant war, auch Daten von Familienmitgliedern – selbst von Kindern – belorussischer Polizisten und Beamter zu veröffentlichen sowie auch jegliche Art von „Unterstützern“ der belorussischen Regierung mit einzubeziehen, zum Beispiel Rektoren und Dekane von Hochschulen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Naziterrorist als Menschenrechtler", UZ vom 4. Juni 2021



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Flagge.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit