Im Windschatten des medialen Shitstorms um die Silvester-Vorfälle rund um den Kölner Hauptbahnhof gingen Übergriffe von Dortmunder Neo-Faschisten in der Nacht auf Neujahr mehr oder weniger unter.
Das Studio Dortmund schreibt nun dazu: „In der Silvesternacht hatten etwa 25 Personen in Dorstfeld einen Streifenwagen mit Feuerwerkskörpern beworfen, mit Feuerwerksraketen beschossen und die Beamten mit Eisenstangen angegriffen. Gezielte Attacken mit Flaschen, Pflastersteinen und Bierkästen folgten. Die Polizisten riefen Verstärkung.“ Bei dem folgenden Einsatz am Dorstfelder Wilhelmplatz wurden 18 Personen in Gewahrsam genommen, von denen die Mehrheit zum lokalen rechten Spektrum gehörte. Zur Bilanz zählen mehrere verletzte Polizisten, darunter eine Beamtin, die von einem Neonazi in die Hand gebissen worden war.
Diese Vorfälle waren nun für die Staatsanwaltschaft der Anlass, am vergangenen Donnerstag, 11. 2., eine Razzia in fünf Dortmunder und zwei Wohnungen in Niedersachsen durchzuführen. Unter Federführung der Dortmunder Polizei wurde unter anderem in Sachen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und schwerem Landfriedensbruch ermittelt. Abgesehen hatten es die Einsatzkräfte unter anderem auf Computer, Datenträger und Mobiltelefone, auf denen sich Foto- und Videoaufnahmen aus der Silvesternacht hätten befinden können. Folgerichtig wurden diverse Handys, Smartphones, Laptops, Tablets sowie eine Videokamera beschlagnahmt. Sie werden nun zur Auswertung an Experten des Landeskriminalamts NRW weitergegeben. In einer der Dortmunder Wohnungen stießen die Einsatzkräfte zusätzlich auf eine PTB-Schusswaffe, für die kein Waffenschein erforderlich ist, die aber nur auf privatem Gelände verwendet werden dürfen. Zu Schusswaffengebrauch kam es während des Einsatzes in einer Wohnung am Vogelpothsweg. Ein Kampfhund griff die Beamten an. Er wurde erschossen, bevor er zubeißen konnte.
In einer ersten Stellungnahme sagte der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange zum Einsatz unter anderem: „Die Rechtsextremisten machen offenbar auch vor der Polizei nicht mehr halt! Meine Mitarbeiter wurden in der Silvesternacht gezielt und massiv angegriffen. Wir tun alles, damit Straf- und Gewalttaten nicht ungesühnt bleiben. Deswegen wird die Dortmunder Polizei weiterhin jede rechtsstaatliche Möglichkeit nutzen, um Volksverhetzer und rechtsextremistische Gewalttäter konsequent zur Verantwortung zu ziehen. Die gefährliche Entwicklung des gewaltbereiten Rechtsextremismus in Deutschland bedroht zunehmend Zuwanderer, Bürger mit Migrationshintergrund, Politiker, Journalisten sowie Polizeibeamte und richtet sich gegen unsere Demokratie. Ein hartes Durchgreifen aller staatlichen Organe ist deshalb oberstes Gebot. Wir, die Polizei Dortmund, werden weiter wachsam sein.“
Auf der Website „Nordstadtblogger“ stießen die Worte des Polizeipräsidenten nicht auf ungeteilte Zustimmung. Marcus Arndt schrieb am 11. Februar 2016 um 22:40: „Mit größter Verwunderung habe ich die polizeiliche Aktion heute Morgen zur Kenntnis genommen. Verwunderung deshalb, da in den vergangenen 12 Monaten – angefangen bei Hakenkreuz-Schmierereien, Todesanzeigen bis hin zu Bedrohungen von Lokalpolitikern, Journalisten usw. – sämtliche Verfahren seitens der Staatsanwaltschaft zügig eingestellt wurden. Auch Aktionen wie Hausdurchsuchungen usw. blieben aus.
Werden jedoch Polizeibeamte mit Feuerwerkskörpern beschossen, wird die Staatsanwaltschaft mit ihrem gesamten Verwaltungsapparat tätig und setzt alles daran, die Täter zu ermitteln. Als Opfer rechtsextremistischer Gewalt fühlt man sich da mehr als ‚verarscht‘ von einer Behörde, die für die Verfolgung von Straftaten zuständig ist.
Die Staatsanwaltschaft Dortmund erweckt immer mehr den Anschein, dass hier nicht nur mit zweierlei Dingen Maß genommen wird, sondern auch Opfer rechter Gewalt ‚zweiter Klasse‘ sind. Dieses belegen allein die zahlreichen Einstellungen der Ermittlungsverfahren mit fadenscheinigen und teils abenteuerlichen Begründungen.“