Gipfeltreffen in Brüssel und Cornwall verschärfen Aggression gegen Russland und China

NATO und G7 auf Kriegskurs

Am Montag endete der erste NATO-Gipfel unter Beteiligung des neuen US-Präsidenten Joseph Biden wie erwartet: Mit einer deutlich verschärften Positionierung gegen die Russische Föderation und die Volksrepublik China. Von Partnerschaft ist nicht mehr die Rede, sondern von militärischer Abwehr einer angeblichen russischen Bedrohung und Chinas wachsende Einfluss.

Das im Januar von einer „Expertengruppe“ entworfene Papier „NATO 2030“ wurde als Grundlage der nächsten NATO-Strategie beschlossen. Darin war eine unmissverständlich drohende Linie ausgearbeitet worden, die all das, was die NATO gegenüber Russland tut – Aufrüstung,

Einmischung, feindliche Aktionen, hybride Kriegführung, nukleare Bedrohung – Russland selbst vorwirft und es als Kriegstreiber darstellt. Auch China rückt in das Visier der NATO. Deren Mitglieder einigten sich auf den Standpunkt, dass Chinas Aufstieg und technologische Entwicklung eine „systemische Herausforderung“ – frei übersetzt, ein Problem – für sie sei. Der NATO-Gipfel knüpfte damit nahtlos an die tags zuvor auf dem G7-Gipfel beschlossene Kampfansage des US-geführten Lagers an, seine gefährdete weltweite Dominanz gegen eine neu entstehende multipolare Weltordnung mit China und Russland an der Spitze zu behaupten.

Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Wenn wir mutig die Gunst der Stunde nutzen, einig und schlagkräftig handeln, dann beweisen wir damit die Zukunftsfähigkeit unseres offenen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells – auch gegenüber Peking und Moskau.“ Eine unerhörte Provokation eines deutschen Politikers, wenige Tage vor dem Gedenken an den 80. Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion.

Doch das chinesisch-russische Bündnis lässt sich durch solch freches Maulheldentum nicht aus dem Takt bringen. Ein Nukleardeal ist unterzeichnet, die gegenseitige ökonomische und militärische Unterstützung wird stärker. Pünktlich zum Auftakt des G7-Gipfels veröffentlichte China als kleinen Gruß neue Aufnahmen der eigenen Marsmission aus der Region Utopia Planitia.

Die unterwürfige Rhetorik der deutschen Bundesregierung gegenüber den jüngsten Initiativen des US-Imperialismus gegenüber China kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Interessenlage der deutschen Großunternehmen zwiegespalten ist. Zwar soll dem „systemischen Wettbewerber“ China (Bundesverband der Deutschen Industrie) Paroli geboten, das eigene Geschäft in China jedoch nicht gefährdet werden. Der NATO-Gipfel konnte sich auf eine umso aggressivere Haltung gegenüber Russland einigen.

Ein Hebel bei der Verteidigung der wirtschaftlichen Vormacht des Westens sollen Klimaschutzmaßnahmen sein. So schlossen sich die G7 der von US-Präsident Biden eingebrachten Clean-Green-Initiative zur Finanzierung von Bau- und Infrastrukturprojekten, großspurig bezeichnet als „nachhaltige Alternative“ zu Chinas Neuer Seidenstraße, an. Auch die EU arbeitet bereits an der Abwehr chinesischer Konkurrenz mit Hilfe von Zöllen auf Waren aus Ländern, deren CO2-Preis niedriger als der in der EU geltende ist. Chinas Staatspräsident Xi Jinping warnte in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass der Kampf gegen den Klimawandel „nicht zu einem Vorwand für Geopolitik, Angriffe auf andere Länder oder Handelsbarrieren werden“ sollte.

Die eingeschlagene Richtung der G7- und NATO-Gipfel spiegelt sich im deutschen Bundestagswahlkampf unmittelbar wider. Angesichts des NATO-Gipfels bekannte sich Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zum 2-Prozent-Aufrüstungsziel der NATO. Auf ihrem Online-Parteitag stellten die Grünen am vergangenen Wochenende mit Forderungen nach „klaren Gegenstrategien“ in Bezug auf China, Verschärfungen der Sanktionen gegen Russland, Stopp von Nord Stream 2 sowie einem CO2-Preis von 60 Euro pro Tonne ab 2023 klar, dass sie sich auch weiterhin als reaktionäre Einpeitscher betätigen werden – nach innen und außen. Die DKP fordert im Bundestagswahlkampf als einzige Partei in der Bundesrepublik den Austritt Deutschlands aus der NATO. Sie will den Stopp des Kaufs von neuen Atombombern, eine Entspannungs- und Friedenspolitik gegenüber Russland und China und lehnt die CO2-Bepreisung ab.

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"NATO und G7 auf Kriegskurs", UZ vom 18. Juni 2021



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