Seit Montag morgen übt die NATO den Atomkrieg. Das alljährliche Militärmanöver „Steadfast Noon“ („Standhafter Mittag“), in den Vorjahren von den bürgerlichen Medien geflissentlich verschwiegen, findet dieses Jahr seinen Eingang in die Leitartikel. Die „Frankfurter Rundschau“ weiß warum: Das „Bündnis will zeigen, wie stark man ist“, titelte sie Anfang der Woche.
Die NATO hatte seit Wochen mit einer an Moskau adressierten Medienkampagne die Kriegshetze angeheizt. „Steadfast Noon“ soll zeigen, dass die teilnehmenden 14 Bündnispartner – darunter Deutschland – das „Schreckensszenario eines Atomkrieges“ oder, wie US-Präsident Joe Biden es Anfang Oktober nannte, das „nukleare Armageddon“ in die Militärstrategie der NATO eingebaut haben. Währenddessen kokettiert NATO-Chef Jens Stoltenberg weiter ungeachtet der gegenteilig ausgesandten Botschaften aus dem Hauptquartier des Bündnisses damit, es handele sich um eine „schon seit langer Zeit vor der Invasion der Ukraine geplante Routineübung“. In der Tat ging es auch bei den Manövern der vorangegangen Jahre immer um nukleare Eskalation.
Beim Treffen der NATO-Kriegsminister am 12. und 13. Oktober in Brüssel wurden, neben der Aufstockung der Lieferungen von Kriegsgerät und Munition an die Ukraine, innerhalb der nuklearen Planungsgruppe auch Einzelheiten des Ablaufs des Militärmanövers besprochen. Einzig Frankreich hatte seine Teilnahme an der Sitzung abgesagt. Präsident Emmanuel Macron teilte über Twitter mit, Frankreich als Atommacht lege Wert auf seine strategische Autonomie („Wir wollen keinen Weltkrieg“).
An „Steadfast Noon“ werden bis Ende Oktober nach NATO-Angaben bis zu 60 Flugzeuge beteiligt sein, mehrheitlich Kampfjets, aber auch Überwachungs- und Tankflugzeuge und Langstreckenbomber vom Typ B-52. Zentraler Schauplatz wird der Luftraum über Belgien, Großbritannien und der Nordsee sein. Geübt wird das Verbringen, Befestigen und der Abwurf der in unterirdischen Magazinen (Weapons Storage and Security System) gelagerten B61-Wasserstoffbomben. Im Manöver selbst werden maßstabsgerechte Attrappen dieser taktischen Nuklearwaffen eingesetzt. Auf dem belgischen Fliegerhorst Kleine Brogel befinden sich etwa 20 Bomben im Silo, etwa 200 liegen in britischen Arsenalen. Britische F-15-Jets werden von der Royal Airforce Base in Lakenheath (Sussex) „taktische Atomschläge“ simulieren, wie aus britischen Regierungskreisen verlautet. Eine B61-Wasserstoffbombe verfügt über die 13-fache Sprengkraft einer Hiroshima-Bombe. Bis 2024 soll der gegenwärtige Typ durch die B61-12 ersetzt werden, deren Sprengkraft etwa 90 Hiroshima-Bomben entspricht.
Auch das deutsche taktische Luftwaffengeschwader 33 beteiligt sich am Manöver. 25 (von 46) Tornado-Kampfjets und 450 Angehörige des Geschwaders sind im März vom Atomwaffenlager Büchel, in dem etwa 20 Wasserstoffbomben unterirdisch gelagert sind, zum nahen Standort Nörvenich bei Köln verlegt worden. Grund ist der bis 2026 dauernde Umbau der Hangars in Büchel für den Nachfolger des Tornados, den F18-Kampfjet. Im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ ist den deutschen Piloten der Auftrag zugewiesen, die B61-Bomben ins Ziel zu tragen. Sie unterstehen unmittelbar dem Befehl der US-702nd Munitions Support Squadron (702 MUNSS), die für Lagerung, Instandhaltung und Einsatzkontrolle der Bomben verantwortlich ist. Den Einsatzbefehl erteilt der US-Präsident.
Die Friedensbewegung, unter anderem die Initiative „Büchel ist überall! Atomwaffenfrei jetzt“, hatte die Absage des NATO-Manövers gefordert. Sie setzt sich für die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den Abzug der US-Atombomben aus Büchel ein. Am Samstag, dem 22. Oktober, finden Proteste gegen das NATO-Manöver statt. Nach einer Auftaktkundgebung auf dem Schlossplatz in Nörvenich, etwa 30 Kilometer von Köln entfernt, geht es gemeinsam zum Fliegerhorst, wo eine weitere Kundgebung stattfinden wird. (atomwaffenfrei.de)