Friedensdemonstranten erinnern am 3. Oktober an Zwei-plus-Vier-Vertrag und setzen auf Frieden mit Russland

NATO-Gegner auf der Straße

Bernhard Trautvetter

Am 3. Oktober demonstrieren deutschlandweit Menschen für den Frieden. Sie erinnern dabei an den Zwei-plus-Vier-Vertrag zum „Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes“. In seiner Präambel haben sich die beteiligten Staaten verpflichtet, eine europäische Friedensordnung aufzubauen, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten, somit auch die Russlands, berücksichtigt.

Die Friedenskräfte kämpfen von der Nordseeküste bis an den Rand der Alpen und von der Ostsee bis kurz vor die belgische Grenze für eine „Friedens- und Sicherheitspolitik, die diesen Namen verdient“. Sie richten sich mit Demonstrationen und Kundgebungen unter anderem in Hamburg, München, Stuttgart, Berlin und Kalkar gegen die NATO-Expansion, die mit den vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands bricht, ohne die die Sowjetunion der deutschen Einheit nie zugestimmt hätte. Der Hamburger Aufruf fordert den Ausbau diplomatischer Beziehungen, die Stärkung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie ein Ende der NATO-Mitgliedschaft. Im Münchner Aufruf wird unter dem Motto „Kooperation statt Konfrontation!“ die Beseitigung der US-Atombomben auf deutschem Boden und die Beendigung der ruinösen Sanktionspolitik gefordert sowie ein Ende der Ungleichbehandlung von Geflüchteten, von Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren und der Abschottung der Festung Europa.

Die Friedensbewegung an Rhein und Ruhr demonstriert seit fast zehn Jahren am 3. Oktober in Kalkar gegen die von der dortigen NATO-Luftleitzentrale ausgehende Gefahr für den Frieden. Sie begleitet auch die seit Jahren regelmäßig stattfindenden NATO-Atomkriegsmanöver „Steadfast Noon“ und „Cold Igloo“. In Kalkar und seiner Nachbargemeinde Uedem befinden sich zusätzlich das „Zentrum Weltraumoperationen“ und das militärische „Geoinformationszentrum“. Damit kann die NATO satellitengestützt jedes Kriegsgeschehen in weiten Teilen der Erdkugel kontrollieren und ihre Luftwaffe steuern. Somit sind die Standorte in Kalkar und Uedem auch für die Steuerung und Kontrolle von Atomschlägen nutzbar.

Dies bewährte sich beim NATO-Großmanöver „Air Defender 2023“, für das die Strategen in Kalkar und Uedem das Szenario miterstellten und die Einsatzbefehle planten. Dort kamen auch die US-Atombomber F-35 zum Einsatz; damit ging es hier konkret um ein atomares Kampfgeschehen in Europa. Im Drehbuch des Manövers war Deutschland zu einem Viertel von einer feindlichen Macht besetzt. Defender 2023 sollte dieses Gebiet zurückerobern. Die NATO bezog ihre Manöverplanung auf den Ukraine-Krieg, insofern ging es hier um einen Krieg mit der Atommacht Russland. Die wiederholten Warnungen vor der vermeintlichen russischen Gefahr sind jedoch irreführend: Rein militärisch gesehen verfügt Russland nicht über Kräfte, die durch Polen hindurch einen Überfall auf Deutschland ausführen könnten. Die NATO gibt circa das 15-Fache des russischen Militärhaushalts für ihren Militärsektor aus. Ein zweiter Feind gilt auch schon länger als ausgemacht: Im Manöver „Kalkar Sky 22“ kämpften NATO-Soldaten gegen einen fiktiven Staat namens „East Cerasia“. Ohne die drei Buchstaben „CER“ geht es gegen East-Asia, also gegen China.

Nächstes Jahr steht das Großmanöver „Steadfast Defender“ an. Kalkar/Uedem wird eine zentrale Rolle in der Steuerung des Manövers spielen, es ist aktuell die Schaltzentrale für die Führung aller NATO-Luftbewegungen in Europa. Auf der Bundeswehr-Website liest man: „Bei ‚Real World Operations‘ RWO ist das JFAC Joint Forces Air Component in Kalkar … für die Luftoperationen der NATO zuständig.“ Die NATO schickt sich an, die „Real World“ zu zerstören. Es ist zu hoffen, dass der Friedensaktionstag am 3. Oktober die Unterstützung erhält, die gebraucht wird, um eine lebensrettende Wende durchzusetzen. In Kalkar und auch anderswo.

Unser Autor ist Sprecher des Essener Friedensforums und aktiv im Bundesausschuss Friedensratschlag sowie beim Ostermarsch Rhein/Ruhr.

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"NATO-Gegner auf der Straße", UZ vom 29. September 2023



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