Nachtrag zu Ulbricht

Mit Interesse und aufmerksam las ich den Beitrag von Anton Latzo zum 50. Todestag von Walter Ulbricht. Ich habe all die Jahre bewusst miterlebt. Ich erachte es für richtig, seiner zu gedenken und sein Tun zu würdigen, zu werten. Ich halte es für falsch, ihn zu vergessen. Deshalb schreibe ich Ihnen einige kritische Anmerkungen zu dem Beitrag. In dem Artikel wird richtigerweise auch der Begriff „Widersprüche im Sozialismus“ gebraucht. Leider bleibt es dabei und das befriedigt nicht. Wichtiges in Ulbrichts Wirken sollte nicht unerwähnt bleiben.

Ein bedeutender und nicht vergessener Einschnitt waren die Ereignisse des 17. Juni 1953. Dazu gehört die II. Parteikonferenz 1952. Beide sind mit Walter Ulbricht eng verknüpft, bleiben aber unerwähnt. Auch der Mauerbau in Berlin gehört in seine Regierungszeit. Diese historische Tatsache ist sachlich und objektiv aus ihrer Zeit zu werten. Letzten Endes hat Erich Honecker Walter Ulbricht wie in einer Art Putsch entmachtet. Es reicht nicht, diese Tatsache nur zu erwähnen, es ist nötig, sie näher zu durchleuchten.

Zu alledem gehört auch, dass Walter Ulbricht an die Spitze einer Staatsform kam, die es vorher noch nicht gab, die aber besser sein sollte als die alte. Und dafür waren die Bindungen so, dass Walter Ulbricht über keinerlei Erfahrungen in der Lenkung eines Staates verfügte. Das Land lag in Trümmern und die alten Eliten waren zum großen Teil nazibelastet. Auch die Sowjetunion verfügte auf diesem Gebiet wohl über ungenügende Erfahrungen. Dazu musste sie nach dem verheerenden Krieg die eigenen Schäden beseitigen. Die tausend Traktoren für die MAS (Maschinen-Ausleih-Stationen) waren eine gute Geste. Unsere Brüder und Schwestern im Westen waren im ökonomischen Vorteil, den sie weniger für als gegen uns nutzten. Ohne diese Geschehnisse und Wertungen wirkt der Beitrag nicht überzeugend genug.