Der „nachrichtendienstlich-mediale Komplex“ funktioniert ähnlich wie der „militärisch-industrielle Komplex“, vor dem der frühere US-Präsident Dwight D. Eisenhower einst gewarnt hatte. Er hatte ihn charakterisiert als ein Ineinandergreifen, ein Zusammenspiel antikommunistisch-militaristischer Strategen mit kalten Aufrüstungsprofiteuren. In diesem Fall kommen nun die Medienmacher hinzu.
Beide „Komplexe“ entstanden mit dem Ersten Weltkrieg. Schon dieser wurde als eindeutiger Eroberungskrieg vom deutschen Imperialismus vom Zaun gebrochen. Verkauft wurde er den Menschen als „Verteidigungskrieg“. Im deutschen Faschismus erreichte die Propaganda einen Höhepunkt an Zynismus und Dreistigkeit: SS-Leute überfielen den deutschen Radiosender in Gleiwitz. Die Journalisten des „Völkischen Beobachters“ verbreiteten die Lüge eines angeblichen polnischen Angriffs unter der Überschrift: „Der unerhörte Bandenüberfall auf den Sender Gleiwitz“. Adolf Hitler begann den Zweiten Weltkrieg damit, dass „zurückgeschossen“ werde. Wenige Monate später kalkulierte der Deutsche-Bank-Stratege Hermann Josef Abs NS-Reichswirtschaftsführern ganz cool die märchenhaften Renditen des Überfalls auf die Sowjetunion vor: Mit den Profiten aus den eroberten Gebieten könnten die Schulden aus beiden Weltkriegen beglichen werden.
Aber: War der Vorwand für den Überfall auf Polen am 1. September vor 85 Jahren bloß deshalb so einfach, weil nur altmodische Techniken und Schreibmaschinen im Spiel waren? Der Friedensforscher Erich Schmidt-Eenboom beschrieb in seinen Recherchebüchern die geheimdienstlich-journalistischen Kooperationsformen bis in die 90er Jahre. Und siehe da: Ähnlich trivial gelang dem BND sogar das Zusammenspiel mit einst linksliberalen Medien wie „Spiegel“, „Süddeutscher Zeitung“ und „Zeit“.
Vor 21 Jahren lancierten die deutschen Medien die Fake-News vom „Giftgas des irakischen Diktators Saddam Hussein“, um Stimmung für den US-Überfall auf den Irak zu machen. Vor 25 Jahren waren sie noch erfolgreicher: Die Lüge vom „serbischen Racak-Massaker“ mit ähnlich gefakten toten Zivilisten wie im Sendegebäude von Gleiwitz 1939 konnte neben anderen Schauermärchen die Stimmung für die Bombardierung Belgrads aufheizen.
Skandalblatt- und Illustriertenreporter, Springer-Leute, aber selbst hochgebildete liberale Kolumnistinnen wie die „Zeit“-Chefin Marion Gräfin Dönhoff waren mittlerweile vom BND eingespannt. Der Satz, ein Krieg beginne immer mit einer Lüge, macht deutlich, dass es ohne diese medialen Schreibtischtäter nicht geht. Über solcherlei hatte Schmidt-Eenboom in seinem Buch „Undercover. Der BND und die deutschen Journalisten“ bereits 1998 berichtet und damit eine ganze Kette von Prozessen auf sich gezogen.
Im Vertrauen auf die Beweislast eines geheimen, aber unbestreitbaren BND-Dokuments aus dem Jahr 1970 mit der Aufstellung von Pressesonderverbindungen des Geheimdienstes hatte es Schmidt-Eenboom auf Gerichtsverfahren ankommen lassen – aber dann böse Überraschungen erlebt. Im Wochentakt behaupteten die enttarnten Zuarbeiter des BND, erst jetzt von Schmidt-Eenbooms angeblich unzutreffenden Vorwürfen Kenntnis bekommen zu haben.
Dass es sich um eine konzertierte Aktion hochbezahlter, kriegstüchtiger Journalisten handelte, erfuhr die Öffentlichkeit erst in einem Münchener Prozesssaal, als ein gegnerischer Anwalt dem Richter zurief: „Da ist noch mehr in der Pipeline!“ Damals ging es um Gerhard Löwenthal, Deckname „Leoben“, den langjährigen Moderator des „ZDF-Magazins“. Dieser hatte nämlich öffentlich im „Kulturreport Leipzig“ sein Engagement für den BND-Apparat als seine „staatsbürgerliche Pflicht“ bezeichnet.