Langfristige Planung ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Kandidatur auf kommunaler Ebene

Nach der Wahl ist vor der Wahl

2025 finden in NRW die nächsten Kommunalwahlen statt. Die DKP Recklinghausen hat auf ihrer letzten Mitgliederversammlung das Thema diskutiert. Darüber sprach die UZ mit Volker Sauer-Pätzold, Mitglied im Vorstand der DKP-Kreisorganisation Recklinghausen.

UZ: Ihr diskutiert über eine Wahl, die in knapp drei Jahren stattfinden wird. Habt ihr keine anderen Probleme?

Volker Sauer-Pätzold: Haben wir, und nicht zu knapp. Da sind aktuell Helfer für das UZ-Pressefest in Berlin zu gewinnen. Der Krieg in der Ukraine stellt uns vor große Herausforderungen, was können wir für die Entwicklung einer lokalen Friedensbewegung vor Ort beitragen? Uns bewegt auch die dringende Frage, wie wir unsere Partei stärken können. Wir erleben, wie unsere Partei älter wird, wir haben Ausfälle durch Krankheiten, Tod von Genossinnen und Genossen und Wegzüge – das auszugleichen, ist allein schon schwer genug. Aber das ist auch noch nicht alles.

UZ: Dennoch hattet ihr diese Wahl auf der Tagesordnung. Was hat euch dazu veranlasst?

Volker Sauer-Pätzold: Die Erfahrung der letzten Wahlkämpfe. Die Mitglieder unserer Kreisorganisation waren in den vergangenen Jahren allein durch die Teilnahme an Wahlen schon ziemlich beansprucht, wobei sich unsere politische Arbeit keineswegs auf die Wahlen beschränkt hat. Die Wahlen kamen oben drauf.

Wir hatten 2017 zur Landtagswahl im Mai erstmals seit Jahren wieder in den Städten Recklinghausen, Marl und Herten Direktkandidaten der DKP aufgestellt und konnten die dazu erforderlichen Unterstützungsunterschriften sammeln. Im gleichen Jahr fanden ebenfalls Bundestagswahlen im Herbst statt, unsere Kandidaten hatten wir dann nach der Landtagswahl viel zu spät aufgestellt und konnten die Kandidaturen nicht absichern, weil die verbliebene Zeit einfach zu kurz war.

Noch hektischer wurde es dann bei den Kommunalwahlen 2020. Wir mussten – durch Corona bedingt – unsere ursprünglich geplanten Wahlversammlungen verschieben und hatten dann letztendlich keine drei Wochen Zeit, die Unterschriften für den Landratskandidaten der DKP sowie die für die Liste und die Direktkandidaturen zu den Kreistagswahlen zu sammeln. Dennoch haben wir damals unsere Ziele in Bezug auf die Absicherung von Wahlkreisen weitgehend erreicht.

Und Hektik kam dann wieder zur Bundestagswahl 2021 auf, hier konnten wir daher nur einen der zwei geplanten Direktwahlkreise absichern. Das war ausgesprochen ärgerlich, es haben auch nicht allzu viele Unterschriften gefehlt. Das Fazit für uns war, Wahlen langfristig anzugehen, zukünftig die Wahlkonferenzen so früh wie möglich durchzuführen, um entsprechend den maximalen Zeitraum für die Unterschriftensammlung zur Verfügung zu haben. Dazu braucht man einen Plan.

UZ: Was plant ihr konkret?

Volker Sauer-Pätzold: Wir haben erst einmal die Teilnahme an den Kommunalwahlen in der Stadt Recklinghausen diskutiert. Hier sehen wir die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen kommunalpolitisch interessierten Menschen ein Wahlbündnis zu gründen. Wir führen aktuell vielversprechende Gespräche mit Menschen, mit denen wir in unterschiedlichen Zusammenhängen und Initiativen politisch tätig sind.

Wir können dabei anknüpfen an das Wahlbündnis „BASTA!“, an dessen Gründung 2003 Mitglieder unserer Partei beteiligt waren und dem 2004 der Einzug in den Recklinghäuser Stadtrat gelang. Der Name war angelehnt an Schröders „Basta“ zu Hartz IV und es gelang den Vertretern von „BASTA!“ im Stadtrat, Hartz-IV-Themen und -Probleme in den Rat und in die Öffentlichkeit zu tragen.

Für die nahe Zukunft sehen wir auf kommunaler Ebene noch viel massivere Angriffe auf die Menschen in unserer Stadt zukommen als damals die Agenda 2010. Bereits vor dem Krieg in der Ukraine hat sich – teilweise wegen der Pandemie – die finanzielle Situation der Stadt erheblich verschlechtert. Die Verschuldung der Bürger steigt weiter und es ist mit einem Generalangriff auf alle sozialen Einrichtungen der Stadt zu rechnen, beispielsweise auf die noch existierenden Freibäder in unserer Stadt, auf Erhöhungen städtischer Gebühren und anderer Belastungen für alle Einwohner. Um dieses zentrale Thema könnte sich eine Wählergemeinschaft bilden, um außerparlamentarisch, aber später auch im Stadtrat, Widerstand zu entwickeln.

UZ: Warum setzt ihr auf eine Wählergemeinschaft?

Volker Sauer-Pätzold: Die Stadt Recklinghausen hat 26 Wahlkreise, das bedeutet, dass du 26 Kandidatinnen und Kandidaten haben musst, um flächendeckend zu kandidieren. Besetzt du nicht alle Wahlkreise, bist du auch nicht in allen wählbar. Als DKP können wir diese Anzahl nicht stellen. Hinzu kommt dann noch die Sammlung der entsprechenden Unterschriften zur Absicherung dieser Kandidaturen. Das sind bei uns zwar nur fünf in jedem Wahlkreis, aber diese müssen natürlich aus diesen Wahlkreisen kommen – das ist schon ein Kraftakt.
Es ist da schon für unsere Stadt erfolgversprechender, auf eine Wählergemeinschaft zu orientieren. Eine Eigenkandidatur hat zwar – gerade für uns Kommunistinnen und Kommunisten bei überregionalen Wahlen – einen Selbstzweck, die Partei steht auf jedem Stimmzettel, aber das Erreichen von Mandaten auf kommunaler Ebene hat durchaus seine Reize.

Nach unserer Erfahrung plädieren wir dafür, dass wir bei kommunalen Wahlen möglichst viele kommunistische Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen schicken und auch möglichst viele Mandate erringen. Das Potential dazu hat ein linkes soziales Wählerbündnis auf Stadtebene.

Im Landkreis Recklinghausen haben wir Erfahrungen mit unterschiedlichen Kandidaturformen auf lokaler Ebene und wir haben in der Vergangenheit auf dem Weg auch einige Mandate errungen. In der Stadt Gladbeck, die zu unserem Landkreis gehört, allerdings eine eigene Kreisorganisation der DKP hat, ist die DKP mit einem Sitz im Stadtrat vertreten, den letzten Wahlkampf dort haben wir auch etwas unterstützen können. Unsere Kreisorganisationen hatten damals wie eingangs erwähnt einen gemeinsamen Bewerber der DKP für das Amt des Landrats aufgestellt, dem immerhin 1.300 Wählerinnen und Wähler im Kreis Recklinghausen ihre Stimme gegeben haben – mit über 0,5 Prozent ein durchaus akzeptables Ergebnis.

Wir haben Erfahrungen mit Wahlbündnissen, sei es mit Wählerinitiativen oder der Kandidatur auf Listen der PDS. Mit der Partei „Die Linke“ auf Kreis- und Stadtebene war zu unserem Bedauern – im Gegensatz zu der Situation in anderen Regionen des Landes – nach 2009 keine wahlpolitische Zusammenarbeit mehr möglich, die „Linke“ ist auf entsprechende Vorschläge von uns nicht eingegangen. Von 1999 bis 2009 war ein Genosse der DKP auf einer Offenen Liste der PDS im Recklinghäuser Kreistag und leistete dort eine von vielen Seiten anerkannte hervorragende Arbeit, die im Kreis Recklinghausen einiges bewegt hat.

Es werden noch viele Gespräche und andere Aktivitäten erforderlich sein, um eine erfolgreiche Wählerinitiative mit entwickeln zu können. Wir sind da optimistisch. Aber das erfordert doch einige Zeit und das ist der Grund, warum wir die Kommunalwahlen 2025 bereits heute vorbereiten.

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"Nach der Wahl ist vor der Wahl", UZ vom 22. Juli 2022



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