Über die Schwierigkeit, im Internet Alternativen zu finden

Nach dem Fußball …

Von Karl Rehnagel

Nachdem der Gott der Gesundheit sein vernichtendes Urteil über nun auch mein zweites Knie gesprochen hat („Verdacht auf Kreuzbandriss. Das war’s dann wohl mein Freund“), ist die Suche groß und guter Rat teuer: Fußball spielen ist vorbei, was aber sonst?

Da Fahrrad fahren wohl in den nächsten Monaten eher nicht anfällt, joggen noch weniger (Glück gehabt, ich hasse es!) und Unterwasserrugby, vom Knie mal abgesehen, eh viel zu brutal wäre, bleibt ein Blick ins Internet auf der Suche nach Ersatz.

Vielleicht Steine-über-das-Wasser-Werfen? Jaja, das ist eine Sportart. Sogar mit Europameisterschaften und so. Aktueller Rekordhalter ist der Amerikaner Kurt Steiner mit „atemberaubenden 88 Sprüngen“. Hm …

Sinnvoller eventuell dieser Sport: „Wer sich öfter über sein Handy ärgert, ist in der Stadt Savonlinna in Finnland genau richtig. Hier findet jährlich die Weltmeisterschaft im Handy-Weitwurf statt.“ Ok, Finnland ist jetzt nicht um die Ecke. Aber das kann man ja auch in Bochum spielen, also nur so als Beispiel.

Oder einen Fußball-mit-dem-Kopf-über-eine-Tischtennisplatte-befördern. „Der Ehrgeiz der Headis-Spieler zielt nicht nur auf den Erfolg an der Platte. Die über 400 Aktiven, die es in Deutschland inzwischen gibt, legen Wert auf schrille Outfits und gute Musik. Bei Turnieren treten manche Teilnehmer in Hasenkostümen an und aus den Boxen dröhnt Hip-Hop-Musik.“ Hasenkostüme und Hip-Hop? Das lassen wir mal.

Auch „Ferret Legging“ schafft es nicht wirklich, mich zu überzeugen: „Die Regeln sind schnell erklärt: Man steckt sich ein hellwaches Frettchen in die Hose und versucht, es dort drin zu behalten. Wer das am längsten erträgt, hat sozusagen gewonnen.“ Uff.

Und sonst? Sportklettern. Flossenschwimmer. Schlammcatchen. Nackt­rugby. Käserollen. Stöckelschuhmarathon. Bob fahren. Bauchtanz. Powerlifting … Also mal ehrlich, ohne mich.

Und wenn ich doch mal was finde und mich dann aus dem Haus traue, wird’s auch wieder nix: die Idee des Cross-Golfes ist nämlich eigentlich smart: einen gebrauchten Golfschläger vom Flohmarkt, ein Dutzend Bälle und ab in die Karpaten. Cross-Golf kann man überall spielen, auf dem Acker, in alten Industrieanlagen oder quer durch den Wald. Es war auch eigentlich ganz lustig. Nur: da wir die Bälle überall hingeschlagen haben, nur nicht Richtung ausgedachtem Ziel, waren wir nach 35 Minuten ballfrei. Die folgenden 2 Stunden 40, die wir auf der Suche durch die Gebüsche krochen, waren dann weniger witzig (und auch ganz schlecht für das Knie).

So bleibt es erst einmal bei einer altbewährten, traditionellen sportlichen Betätigung, die auf Menschen über 50 geradewegs zugeschnitten ist: das Boulen. Doch, doch, das ist ein Sport, schließlich wirft man Eisenkugeln. In aller Gemütlichkeit, sicher, und auch gerne mit Zigarette und Rotwein an der Hand, natürlich, aber: man wirft Eisenkugeln! Und muss nach dem Werfen dort hingehen, wo sie liegen. Und sie aufheben. Also bitte. Und das alles an der frischen Luft in der Kleingartenanlage neben dem schönsten Stadion der Welt. Ganz ehrlich? Könnte alles schlimmer sein.

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"Nach dem Fußball …", UZ vom 10. November 2017



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