Streiktagebuch aus der Tarifrunde Post – Teil 1

„Na endlich!“

Tim Laumann

Kurz nach 6 Uhr morgens bezieht der Vertrauensmann Position. Er steht – ausgestattet mit gelber ver.di-Weste – vor dem Eingang zum Zustellstützpunkt. Noch kommen die Kollegen eher spärlich, nur wenige Vorverteil- und Vorbereitungskräfte sind bereits im Stützpunkt. Sie beginnen bereits weit vor 6 Uhr damit, die Post vorzusortieren und Wurfsendungen auf die Bezirke aufzuteilen. Die Kollegen haben auf den Beginn des Warnstreiks gewartet, sind beachtlich häufig rauchen gegangen. Man hat sie gestikulieren und miteinander diskutieren sehen, als – endlich! – die gelbe Weste am Tor zu sehen ist.

Ab diesem Zeitpunkt setzt sich ein Netzwerk in Bewegung: Die Kollegen, die bereits drinnen sind, müssen rausgeholt werden. Eine ganze Truppe an Vorbereitungskräften kommt geschlossen vors Tor. Sie haben auf diesen Moment gewartet, sie grinsen. Eine junge Kollegin war früher gekommen, weil sie sonst die Arbeit nicht schafft – der ihr zugeteilte Bezirk ist zu groß. Sie wird von den gestandenen Frauen in die Mitte genommen, vom Hof geleitet und über die Aktion „Dienst nach Vorschrift“ aufgeklärt. Der Vertrauensmann lächelt, so funktioniert das Netzwerk. „Na endlich!“ sagen die Kolleginnen, als sie ihn sehen.

Alte Beamte kommen zum Tor, wünschen Glück. Einige melden sich vor dem Tor stehend krank. Die Solidarität des Arbeiterteils, von denen sich über 40.000 für eine Forderung zugunsten der Beamten ausgesprochen hatten, wird mit Solidarität vergolten. Kurz nach 7 Uhr verteilt sich die erste Traube an Kollegen zur kollektiven Fahrt ins Streiklokal. Mit zwei Leuten Verstärkung bleibt der Vertrauensmann vor dem Tor, um die Nachzügler abpassen. Eine Betriebsrätin in gelber Warnweste geht aufs Gelände und spricht unter den wachsamen Augen des Stützpunktleiters mit jedem Kollegen. Eine zweite Traube an Kollegen fährt um halb acht ins Streiklokal.

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"„Na endlich!“", UZ vom 27. Januar 2023



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