Anna Müller koordiniert im Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ die Ausbildung der Stammtischkämpfer. Sie ist Mitglied des Landesvorstands der Jusos Berlin.
UZ: Was hoffst du, wie sich die Aktivitäten eures Bündnisses auf das Ergebnis der Bundestagswahl auswirken?
Anna Müller: Ich hoffe, dass wir es schaffen, Aufklärungsmaterial zu verteilen und auf der Straße sichtbar zu machen, dass ein großer Teil der Bevölkerung ein Problem mit der AfD hat: Mit ihrer krassen Rechtsausrichtung, mit ihrem Rassismus, aber auch mit ihrem erzkonservativen Familienbild und ihrer Arbeitnehmerinnenfeindlichkeit. Wir erhoffen uns, dass die AfD im nächsten Bundestag nicht als relevante Kraft im Politikgeschehen mitmischen kann.
UZ: Bei „Aufstehen gegen Rassismus“ gibt es eine enge Zusammenarbeit von Mitgliedern der Linkspartei, der Grünen und der SPD. Ist das Bündnis die Begleitung für einen linken „Lagerwahlkampf“?
Anna Müller: Nein – in Bündnissen gegen Rechts hat man schon immer zusammengearbeitet, weil man da einen gemeinsamen Nenner hatte.
UZ: In der Ausbildung der Stammtischkämpfer nehmt ihr die Argumentationsstrukturen der AfD auseinander. Geht es vor allem darum, den Rechten logische Fehler nachzuweisen?
Anna Müller: Ja natürlich – wenn die AfD sagt: Wir sind die Partei des kleinen Mannes, wir sind die einzige Partei, die das Problem der sogenannten Islamisierung anspricht, dann sind da logische Fehler drin, die man aufzeigen kann. Aber in der Stammtischkämpfer-Kampagne geht es weniger darum, die Leute argumentativ perfekt auszustatten, dazu reichen unsere sechs Stunden Schulung nicht aus. Uns geht es in erster Linie darum, Menschen Mut zu machen, den Mund aufzumachen.
UZ: Am Rande eures Bündnistreffens hat mir ein Kollege der IG Metall gesagt: „Wir müssen den Kollegen beweisen, dass sie gegen ihre eigenen Interessen wählen, wenn sie AfD wählen.“ Wie funktioniert das, wenn das Bündnis soziale Fragen weitgehend ausgeklammert hat?
Anna Müller: Ich glaube, wir haben nicht soziale Fragen ausgeklammert, sondern wir haben die konkrete Beantwortung der sozialen Fragen ausgeklammert. Vielleicht haben die Parteien, die das Bündnis unterstützen, unterschiedliche Vorstellungen über ein Rentenkonzept. Aber auch ohne eine eigene Forderung können wir deutlich machen: Die AfD lehnt eine staatliche Sozialversicherung ab. Was die AfD will würde unseren Sozialstaat aushebeln und wäre eine krasse Belastung für ArbeitnehmerInnen. Die Gruppen im Bündnis hingegen wollen alle einen Sozialstaat, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind über die genaue Ausgestaltung.
UZ: In den Gewerkschaften gibt es großes Interesse daran, bei ihren Schulungen Stammtischkämpfer auszubilden. Woran liegt das?
Anna Müller: Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass gerade im Gewerkschaftsmilieu überdurchschnittlich viele Leute AfD gewählt haben. Ich glaube, das war für die Gewerkschaften ein erschreckender Moment und man hat sich entschieden verstärkt etwas zu machen.
UZ: Ihr habt bisher rund 600 Stammtischkämpfer ausgebildet. Was muss passieren, damit ihr bis zur Bundestagswahl die 10 000 erreicht, die ihr euch vorgenommen habt?
Anna Müller: Wir müssen zunächst einmal mehr Teamerinnen und Teamer ausbilden. Wenn die großen Gewerkschaften und Parteien wollen, dass dieses Bündnis funktioniert, müssen sie es finanzieren. Solange wir nur ehrenamtlich arbeiten, wird es nicht möglich sein, eine bundesweite Stammtischkämpfer-Kampagne zu koordinieren und weiterzuentwickeln. Aber das Interesse ist groß – die Gewerkschaften sind aktiv und ein Jugendparlament aus dem Allgäu hat uns angefragt, eine Schule aus NRW will eine Fortbildung für ihre Lehrer mit uns machen und ein Festival auf Rügen hat uns eingeladen. Es gibt viele lokale Bündnisse gegen rechts, mit denen wir zusammenarbeiten könnten – wir bräuchten nur die Zeit, um die alle mal anzuschreiben.