Am 15. August fand die 11. Moskauer Internationale Sicherheitskonferenz statt. Über die Konferenz wurde in den deutschen Medien kaum berichtet, obwohl trotz enormen Drucks aus dem Westen Vertreter aus 76 Staaten daran teilnahmen.
Die Eröffnungsrede hielt Russlands Präsident Wladimir Putin. Im Anschluss sprachen unter anderem Russlands Außenminister Sergej Lawrow und der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Allein schon durch die Rednerliste wird deutlich, welche Bedeutung Russland der Konferenz beimisst. Dass die deutschen Medien darüber den Mantel des Schweigens breiteten ist daher umso erstaunlicher. Es deutet an, dass sie sich von ihrem Auftrag, objektiv und ausgewogen zu berichten, inzwischen gänzlich verabschiedet haben. Vertreter des Westens waren auch in diesem Jahr bei der Konferenz nicht anwesend, denn die Veranstaltung wird nicht nur von westlichen Medien, sondern seit 2014 auch von westlichen Politikern boykottiert. So wurde die Moskauer Sicherheitskonferenz ganz von selbst zu einer Art Gegenveranstaltung zur Münchner Sicherheitskonferenz, die immer unbedeutender wird, da sie die Kontroverse vermeidet. In München bleibt der Westen unter sich und klopft sich selbst auf die Schulter, in Moskau wird die multipolare Weltordnung gestaltet.
Wie ein roter Faden durchzogen die Worte „Imperialismus“ und „Kolonialismus“ die Reden nicht nur der russischen Vertreter. Es sprachen unter anderem auch der chinesische Verteidigungsminister und sein Amtskollege aus Weißrussland. Auffallend waren die zahlreichen Vertreter aus Afrika. Russland baut seine Beziehungen zu Afrika intensiv aus. Dass es dem Westen koloniale Bestrebungen vorwirft, traf insbesondere bei den Vertretern Afrikas aufgrund deren eigener Kolonialgeschichte auf offene Ohren. Kritisiert wurde das westliche Streben nach Dominanz, der sich alle Länder außerhalb des „Kollektiven Westens“ unterzuordnen haben.
So sagte der russische Außenminister Lawrow: „Die bloße Möglichkeit der Dominanz eines Landes oder sogar einer Staatengruppe gehört der Vergangenheit an. Wenn der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Josep Borrell versucht, Europa als einen ‚blühenden Garten‘ darzustellen, der nur von einem wilden ‚Dschungel‘ umgeben ist, der verbessert werden muss, um ‚zivilisiert‘ zu werden, zeigt das nur noch einmal deutlich: Diese Mentalität, die es dem Westen ermöglichte, jahrhundertelang die Welt zu regieren, hat in eine Sackgasse geführt. Heute ist es von entscheidender Bedeutung, eine wirklich demokratische multipolare Weltordnung aufzubauen, die auf allgemein anerkannten internationalen Rechtsnormen basiert, vor allem auf den Grundsätzen der UN-Charta, beginnend mit dem wichtigsten Grundsatz – der Achtung der souveränen Gleichheit der Staaten, das heißt des natürlichen und unveräußerlichen Rechts jeder Nation, über ihre eigene Zukunft zu entscheiden.“
Damit ist der Gegenentwurf zur westlichen Hegemonie skizziert. Russland strebt gemeinsam mit China und den Ländern des Globalen Südens die Demokratisierung der internationalen Beziehungen auf der Grundlage der UN-Charta an. Der westlichen Dominanz mit ihrer „regelbasierten Ordnung“, deren Regeln ausschließlich vom „Kollektiven Westen“ – vor allem von Washington – diktiert werden, stellte Lawrow die neuen großen internationalen Organisationen wie den BRICS-Verbund und die Shanghai Cooperation Organisation gegenüber, die anders aufgebaut sind als NATO und EU. Während die westlichen Organisationen die Aufgabe staatlicher Souveränität und die Unterordnung unter ihre Regeln fordern, tun BRICS und Co. dies nicht. Sie setzen auf Diplomatie und Aushandeln unter souveränen Partnern. Mit der weiteren wirtschaftlichen Schwächung des Westens, allen voran der EU, verbunden mit der Entdollarisierung und dem daran gebundenen Einflussverlust sowie der militärischen Schwächung des Westens durch den Ukraine-Krieg bestehen gute Aussichten, dass sich das multipolare Modell in den nächsten Jahren immer deutlicher gegen das Modell westlicher Hegemonie durchsetzen wird.