Heftiger Kampf um die Altstadt steht bevor – Medien berichten kaum über zivile Opfer

Mossul – Nicht das Ende des IS

Von Manfred Ziegler

In einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Stampa“ warnte der Präsident der Autonomen Region Kurdistan, Masud Barzani, davor, ein Sieg über den IS in Mossul werde nicht das Ende des IS bringen. Und er brach den Stab über dem Irak: Der Staat würde zerfallen, die Kurden einen eigenen Staat haben.

Ob dies als Drohung oder als Warnung zu verstehen ist, wird nicht ganz deutlich und macht erneut die unterschiedlichen Interessen deutlich, die im Lager der Gegner des IS im Irak herrschen. Peschmerga und die türkische Armee und ihre Verbündeten, sunnitisches Militär und schiitische Milizen, USA und der Iran – sie haben nur ein Bündnis auf Zeit geschlossen, um den IS aus Mosul zu vertreiben.

Als der IS im Sommer 2014 die Hauptstadt der Provinz Ninive übernahm, hofften viele Einwohner von Mossul, es gebe ein Ende der Gewalt durch die Zentralregierung. Viele der konservativen Einwohner der Stadt hatten kein Problem mit den neuen Machthabern und erhofften sich vielleicht eine Verbesserung des Lebensstandards. Zweieinhalb Jahre danach fliehen täglich Tausende vor den Kämpfen aus der Stadt. Sie fürchten die Gewalt von IS ebenso wie die Angriffe der Armee und die Luftangriffe – mehr als Zehntausend in den letzten zweieinhalb Jahren.

Am 17. Oktober 2016 startete das irakische Militär, unterstützt von 500 Beratern aus USA und anderen NATO-Staaten, eine Offensive, um den IS aus Mossul zu vertreiben. Am 23. Januar 2017 verkündete das irakische Verteidigungsministerium, die Armee habe den Osten Mossuls komplett erobert und am 19. Februar begann der Kampf um den Westteil der Stadt. Mittlerweile ist der IS aus ersten Wohngebieten vertrieben. Der Tigris teilt Mossul in einen Ost- und einen Westteil – jetzt übernahm die irakische Armee die Kontrolle über die al-Hurriya-Brücke („Freiheits-Brücke“). Damit kann sie weiteren Nachschub und Verstärkung in den Westteil der Stadt bringen. Die Altstadt von Mossul ist für die Regierungstruppen greifbar nah.

Der Widerstand des IS ist nach wie vor heftig. Mit Selbstmordattentätern, Scharfschützen und Granaten versuchen sie den Vormarsch der Regierungstruppen aufzuhalten. Womöglich stehen die härtesten Kämpfe noch bevor, wenn die Armee die Altstadt erreicht. In den engen Straßen können kaum gepanzerten Fahrzeuge eingesetzt werden, vermutlich sind die Gebäude mit einem Netz von Durchbrüchen versehen. Diese Durchbrüche und Tunnel, die angelegt wurden, geben den Kämpfern unerwartete Bewegungsmöglichkeiten.

Mittlerweile gibt es auch Hinweise auf den Einsatz von Giftgas durch den IS. In einer solchen Situation einen Krieg zu führen, der Zivilisten und Infra­struktur verschont, ist nicht möglich. Aber man kann die Berichterstattung darüber einschränken. Und so wird die Rückeroberung von Mossul von einer effizienten Medienarbeit begleitet.

Während bei der Vertreibung des IS aus Ost-Aleppo ein medialer Hype ohne Ende betrieben wurde, bis hin zur Verleihung des Oscar an die Weißhelme, ist die Berichterstattung um Mossul extrem zurückhaltend. Meldungen über Verluste unter Armee oder Zivilbevölkerung sind spärlich oder gar nicht vorhanden. Mit der zunehmenden Zahl von Menschen, die aus der Stadt fliehen, wird die humanitäre Katastrophe deutlicher. Wasser und Nahrungsmittel fehlen, ebenso Medikamente und Brennmaterial. Die Preise für Lebensmittel sind extrem gestiegen, Brücken und Wasserversorgung wurden durch Luftangriffe zerstört.

Ein militärischer Sieg bedeutet noch nicht das Ende von IS. Hierfür braucht es gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Veränderungen. Der Staatszerfall, der durch den US-Angriff auf den Irak begann, muss beendet werden – und Ankündigungen wie die von Masud Barzani sind dabei nicht hilfreich.

Am 16. Oktober 2016 verkündete der irakische Ministerpräsident al-Abadi den Beginn der Offensive auf die Stadt und schrieb auf Twitter: „… Geliebte Menschen Mossuls, die irakische Nation wird geeint den Sieg feiern.“ Die Wiederherstellung der Einheit der irakischen Nation ist weit entfernt.

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"Mossul – Nicht das Ende des IS", UZ vom 10. März 2017



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