Mogelpackung

Georges Hallermayer zur Entsenderichtlinie

Als „ersten Sieg“ (Le Monde) des französischen Präsidenten Emmanuel Macron „für ein soziales Europa“ in Szene gesetzt, erweist sich die reformierte Entsende-Richtlinie der EU als Mogelpackung. Nicht nur, dass diese Direktive „Leiharbeit“ das Machwerk dreier EU-Institutionen ist, es lässt die Hauptgruppe der Betroffenen außen vor. Für den Schwertransport – die LKW-Fahrer kommen zu etwa 80 Prozent aus Osteuropa – soll auf Wunsch Spaniens, Bulgariens und Polens eine eigene Direktive gestrickt werden. Die dortigen Unternehmen ziehen ihren Profit vor allem aus dem Lohndumping. Die Lohnkosten schlagen bei den Transportkosten zu einem Drittel zu Buch, und in Bulgarien zum Beispiel kommt ein Fernfahrer auf etwa 200 Euro im Monat. Und wie lange die Trucker auf eine Direktive aus Brüssel werden warten müssen, lässt sich erahnen, wenn man bedenkt, dass die Regierungen noch vier Jahre Zeit haben, die aktuell reformierte Direktive aus dem Jahr 1996 in Kraft zu setzen, also im Jahr 2022.

Für die ins Ausland entsendeten Leiharbeiter, vor allem auf dem Bau, wurde die Dauer des Einsatzes auf ein Jahr begrenzt, auf Wunsch des Unternehmens verlängerbar um weitere 6 Monate. Reine Kosmetik, wenn man weiß, dass in der EU die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 103 Tage (in Frankreich 47 Tage) beträgt. Wenigstens würde dann der Mindestlohn gelten, wo gearbeitet wird.

Die Erstattung der Unterkunfts- und Verpflegungskosten, die Zahlung von Zuschlägen und Prämien bleibt unklar, das heißt der Willkür des (Sub-)Sub-Unternehmers überlassen. Sozialversichert bleiben sie weiterhin im Herkunftsland, und das kann das Sub-Sub-Unternehmen selbst bestimmen, je nachdem wo die Beträge am niedrigsten sind, zum Beispiel für französische Transportunternehmen auch aus Steuerspargründen Luxemburg oder Irland,.

Die „soziale“ EU hat kurz die Maske gewechselt: von der diabolischen Fratze einer nach Frits Bolkestein benannten Direktive zur lächelnden Grimasse von Molieres Tartuffe eines Emmanuel Macron. Macht es das für den DGB leichter, nach 21 Jahren Hinhalten diese Reform als „wichtige Hürde zur Verbesserung“ zu bezeichnen? Die Kolleginnen und Kollegen werden kämpfen müssen. Gewerkschaftsdelegationen nach Luxemburg – wie im Sommer 2016 – werden nicht reichen.

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"Mogelpackung", UZ vom 17. November 2017



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