Bundestag unterstützt Israel – weltweite Solidarität mit Palästina

Mörderische Staatsräson

London, Rom, Barcelona, Washington, Beirut, Bagdad, Berlin – hunderttausende protestierten weltweit gegen die Blockade und Bombardierung Gazas, drückten ihre Solidarität aus und forderten „Freiheit für Palästina!“.

Die Bilanz nach einer Woche Eskalation: 1.300 tote Israelis durch Angriffe der Hamas, mindestens 2.300 tote Palästinenser. Und die Zahlen steigen. Gaza ist mehr denn je ein Freiluftgefängnis – Folter inklusive. Denn Israel hat Gaza blockiert, von Wasser, Elektrizität, Treibstoff- und Lebensmittellieferungen abgeschnitten und bombardiert die eingeschlossenen Menschen. Die Einwohner von Gaza-Stadt sind seit vergangenem Samstag aufgefordert, sich in den Süden Gazas zurückzuziehen – mehr als 1,4 Millionen Menschen, die innerhalb weniger Stunden über zwei Straßen in den „Süden“ fliehen sollten. Zur Erinnerung: Gaza ist 40 Kilometer lang, zwischen sechs und 13 Kilometer breit. Wohin sollen die Bewohner von Gaza-Stadt fliehen? Es sieht danach aus, als sollten sämtliche Bewohner Gazas am Grenzübergang Rafah nach Ägypten zusammengetrieben werden, laut Berichten bombardiert Israel zudem Flüchtlingskonvois auf den zuvor als „sicher“ deklarierten Straßen.

Inzwischen können die Opfer der Angriffe in Gaza kaum noch behandelt werden, Krankenwagen fahren wegen Benzinmangels nicht mehr, Verbandsmaterial und Medikamente gehen zur Neige. Der Mangel an sauberem Trinkwasser lässt zudem den Ausbruch von Seuchen befürchten.

Im Westen ficht die Kollektivbestrafung der Palästinenser wenige an. Während US-Präsident Joseph Biden Israel durch die Blume gebeten hat, Unschuldigen den Zugang zu Wasser und Lebensmitteln zu ermöglichen, haben die Mitglieder des Deutschen Bundestags sich über alle Fraktionen hinweg an die Seite Israels gestellt. In der Entschließung heißt es „Ihre Solidarität gilt den Menschen in Israel und dem einzigen jüdisch-demokratischen Staat der Welt. Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson.“ Dazu gehört auch, dass sie die Bundesregierung auffordern, „Israel vor dem Hintergrund der brutalen Angriffe gegen sein Land und unschuldige Bürgerinnen und Bürger volle Solidarität und jedwede Unterstützung zu gewähren“ – Waffen- und Munitionslieferungen inklusive. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte dann vor einer Woche auch gleich deutsche Außenpolitik bei ihrem Besuch in Israel und wiederholte die Formel vom „Recht auf Selbstverteidigung“ – dafür wurde sie scharf kritisiert, ignorierte sie doch die Beschlusslage der EU, die auf die Einhaltung des Völkerrechts bei Operationen in Gaza besteht.

Geradezu zynisch waren die Äußerungen von Olaf Scholz vor seinem Solidaritätsbesuch in Israel. Vor der Abreise am Dienstag verkündete er, Deutschland werde seine Hilfe für die Palästinenser mit Wasser, Nahrung und Medikamenten fortsetzen. Wie die Hilfsgüter ins abgeriegelte Gaza kommen sollen war Scholz kein Wort wert. Nach Israel wird er Ägypten besuchen. Vermutlich wird es bei Gesprächen dort um die Öffnung des Grenzübergangs Rafah gehen und die Aufnahme der Millionen palästinensischer Flüchtlinge aus Gaza. Denn im Gegensatz dazu, Israel von Mord und Vertreibung abzuhalten, passt das zur deutschen Staatsräson.

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"Mörderische Staatsräson", UZ vom 20. Oktober 2023



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