Das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ zerstört einen großen Teil der aus Gaza abgefeuerten Raketen. Anders in Gaza: Ohne Schutz vor den israelischen Raketen gab es dort bis Dienstag (Redaktionsschluss von UZ) mehr als zweihundert Tote, darunter viele Kinder; unzählige Häuser ohne Wasser, zerstörte Hochhäuser und Schulen, zerstörte Straßen – die Angriffe der israelischen Luftwaffe nahmen während des vergangenen Wochenendes in bisher unbekanntem Ausmaß zu.
Mit dem als „Deal des Jahrhunderts“ gefeierten Friedensplan von Ex-US-Präsident Trump und den Vereinbarungen zwischen der israelischen und mehreren arabischen Regierungen sollte die israelische Besatzungspolitik aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwinden. Doch die geplante Vertreibung mehrerer arabischer Familien aus dem Ostteil Jerusalems und der Angriff mit Tränengas und Blendgranaten auf die al-Aqsa-Moschee durch israelische Sicherheitskräfte waren Ausgangspunkt einer neuen Eskalation. Die Angriffe der Hamas und die israelischen Luftangriffe auf Gaza werfen seitdem ein grelles Licht auf die unerträgliche Situation in den besetzten Gebieten und in Gaza.
Jenseits der erfolgreichen Zerstörung von Gaza befindet sich Israel in einer tiefen Krise. Arabische Proteste und ethnische Auseinandersetzungen zwischen Arabern und Juden auf israelischem Staatsgebiet bedrohen die Stabilität des Landes. Die Bildung einer neuen Regierung in Israel ohne Netanjahu ist zurückgestellt – dieses Ziel hat der Ministerpräsident mit der Zuspitzung des Konflikts erreicht.
Für Israel sind die inneren Auseinandersetzungen um ein Vielfaches gefährlicher als die Raketen aus Gaza. Lod – arabisch al-Lid – Haifa, Jaffa, Akkon – Netanjahu wollte, wenn nötig, die aufstandsartigen Proteste durch das Militär niederschlagen lassen. Kriegsminister Benny Gantz ließ dagegen Polizei und Grenzschutz einsetzen und Reserveeinheiten mobilisieren. Der Grenzschutz ist berüchtigt für seine anti-arabische Haltung und arbeitet auch mit rechtsradikalen Siedlern zusammen. Es gab spontane arabische Übergriffe auf jüdische Zivilisten und Angriffe auf Synagogen. Rechtsextreme jüdische Gruppen wie Lehava bereiten dagegen ihre Angriffe organisiert vor. „Heute zeigen wir den Arabern in Haifa, dass es eine jüdische Stadt ist“, hieß es in einem ihrer Flugblätter.
Straßenblockaden, Tränengas, Wasserwerfer, Blendgranaten und berittene Polizei – die Sicherheitskräfte setzten in Israel all ihre Mittel ein, um arabische Proteste niederzuhalten. Auf der Westbank wurde scharf geschossen. Es gab elf Tote allein am vergangenen Freitag, 560 zum Teil schwer Verletzte während der Demonstrationen zum Jahrestag der Nakba, der Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 arabischen Palästinensern vor 73 Jahren.
Schockiert von lange nicht mehr gesehenen Szenen von Gewalt zwischen Juden und Arabern demonstrierten am 13. Mai Tausende Israelis für friedliche Koexistenz, darunter viele Vertreter von Chadasch und der Kommunistischen Partei Israels. Auf einer Pressekonferenz erklärte der Knesset-Abgeordnete Ayman Odeh von der linken Chadasch: „Solange es die Besatzungspolitik gibt, so lange gibt es Widerstand dagegen.“ In Jordanien, Tunesien, Libanon – und im gesamten besetzten Gebiet – kam es am Dienstag zu Protesten. Ein Generalstreik legte das öffentliche Leben in den besetzten Gebieten lahm. Tausende demonstrierten in Ramallah, Nablus und Jenin in den palästinensischen Autonomiegebieten. In Bethlehem ging die Polizei mit massivem Tränengaseinsatz gegen eine Demonstration vor.
Die USA haben eine von China, Tunesien und Norwegen unterstützte Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Gaza verhindert – und den Verkauf von Präzisionsbomben an Israel im Wert von 735 Millionen Dollar genehmigt. Der Krieg geht weiter. 110 Raketen auf 65 Ziele in Gaza allein am Dienstagmorgen dieser Woche – auf ein Gebiet mit höherer Bevölkerungsdichte als München.
„Kampf um Palästina“ – Onlineveranstaltung von SDAJ und DKP
Zur aktuellen Eskalation im Nahen Osten mit Georges Rashmawi, Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinden in Deutschland (PGD), Montag, 24. Mai 2021. 19 Uhr. Auf dem YouTube-Kanal der SDAJ – sdajTV