Parteireform zum Bundesparteitag im Dezember

Modernisierung in der CDU

Von Rolf Priemer

Bunter, weiblicher, jünger“ will die CDU schon bis zu den Bundestagswahlen 2017 werden. Der Bundesvorstand hat dazu durch eine Kommission einen Plan entwickeln lassen, der weit über das Jahr 2017 greifen soll. Auf 27 Seiten hat Generalsekretär Peter Tauber zusammen mit dem Präsidiumsmitglied Jens Spahn ein Machwerk unter dem Titel „Meine CDU 2017. Die Volkspartei“ vorgelegt. Es ist ein Antrag, der auf dem Bundesparteitag im Dezember beschlossen werden soll. Mit seiner Umsetzung sollen zunehmender Mitgliederschwund und Vergreisung der 70-jährigen CDU bekämpft und der Anteil von Frauen in der Mitgliedschaft bis zum Jahr 2020 auf 30 Prozent erhöht werden. Gegenwärtig liegt das Durchschnittsalter der CDU-Mitglieder bei 59 Jahren, ein Viertel sind Frauen. Seit 1990 sank die Zahl der CDU-Mitglieder von rund 800 000 auf gegenwärtig 459 878. Bemerkenswert für einen Kanzlerwahlverein, der viele Politkarrieren befördern kann.

„Träumt mal schön weiter“

Obwohl in den Modernisierungsvorhaben eine Menge interessanter Vorschläge stecken, sollte sich niemand von der – wie die Frankfurter Rundschau feststellte – „Fassadenrenovierung täuschen lassen.“ Gerade Tauber und Spahn stünden „für eine ganz spezielle Form der ‚Modernität’. Die Aura gesellschaftspolitischer Toleranz verbinden sie mit einem harten konservativen Kern.“ Unter Zuwanderern schätzt beispielsweise Spahn besonders diejenigen mit „Werten“ und „unternehmerischer Tätigkeit“. Sein Spannmann Tauber erklärte auf der Pressekonferenz, auf der die beiden das Projekt vorstellten: Der CDU gehe es um „Evolution, nicht Revolution. Wir wollen Heimat bleiben für die, die schon lange dabei sind und Heimat werden für neue Mitglieder.“ Man wolle „den Mehrwert der Mitgliedschaft erhöhen“ und „aus Liebe zu unserem Land dem Gemeinwohl“ dienen.

Im Renovierungsplan werden zehn Ideen für die Parteireform beschrieben:

  • „Den Frauenanteil in der CDU wollen wir als ersten Schritt bis 2020 auf über 30 Prozent steigern.“
  • Für Ämter und Funktionen sowie für die Kandidatenaufstellung zu öffentlichen Wahlen sollen mehr junge Menschen, Frauen und Menschen mit Einwanderungsgeschichte gewonnen werden.
  • Bei Diskussionsrunden soll darauf geachtet werden, „dass Frauen angemessen vertreten sind“.
  • Bei der Planung von Sitzungen und Veranstaltungen „ist besondere Rücksicht auf familien- und arbeitsfreundliche Sitzungszeiten zu nehmen“.
  • Veranstaltungen sollen durch Online-Beteiligungsformen (Fragen per E-Mail, Facebook oder Twitter) ergänzt werden.
  • Eine CDUplus-App für mobile Kommunikationsgeräte soll die innerparteiliche Kommunikation verbessern.
  • Bis 2017 wird die Möglichkeit geschaffen, dass Mitglieder direkt Anträge an den Bundesparteitag stellen können, wenn sie mindestens 500 Unterstützer haben.
  • Mitgliederbeauftragte sollen Ansprechpartner für Nichtmitglieder sein und versuchen, ausgetretene Mitglieder zurückzugewinnen.
  • Über eine Neuaufnahme soll innerhalb von vier statt acht Wochen entschieden werden.

Für Einwanderer will die CDU attraktiver werden, indem sie ihre Broschüren und Beschlüsse in mehreren Sprachen veröffentlicht. Für Menschen mit Leseschwächen soll es Materialien in leichter Sprache geben. Die CDU will verstärkt politische „Haustürgespräche“ führen. Dafür „wird das Konrad-Adenauer-Haus geeignete Methoden erarbeiten und unterstützende technische Instrumente entwickeln“, heißt es im Plan. Schließlich soll eine Mitgliederakademie geschaffen werden, auf der Mitglieder und Funktionäre für die Parteiarbeit geschult werden sollen. Auch damit wolle man den Trend stoppen, dass sich zu viele Mitglieder „bereits nach kurzer Zeit des Engagements abwenden, weil sie ihre Bedürfnisse nicht erfüllt sehen“.

Damit es aber kein Vertun bei soviel Neuerungen gibt, heißt es klar und deutlich: „Grundlagen des politischen Handelns der CDU bleiben das christliche Menschenbild, die soziale [also kapitalistische, d. Verf.] Marktwirtschaft und die „Liebe zu unserem Land im Sinne der europäischen Idee“. Das „C“ sei „Anspruch und Verpflichtung“, der „Kompass und Anker“ einer sich wandelnden Gesellschaft. Mit Hilfe einer App (Anwendungen für Smartphones und Tablet-Computer) soll dies in der Kommunikation der CDU mit Mitgliedern und Interessenten optimiert werden.

Einen Medienrummel lösten die geplanten Reformen der CDU nicht aus. Kathrin Brand vom Hauptstadtstudio der ARD, die die CDU-Parteireform kommentierte, befand, dass es wohl sehr sinnvoll sei, dass diese Partei „nun organisatorisch im 21. Jahrhundert ankommt, dass sie ihre Mitglieder per E-Mail anschreibt, ihre Terminplanung familienfreundlicher macht und jedes neue Mitglied persönlich hegt und pflegt … Weil das aber alle anderen Parteien auch machen, wird diese Reform der CDU kein einziges neues Mitglied verschaffen. Was die CDU eigentlich braucht, ist ein stimmiges Programm und anderes Personal als die erwähnten älteren Herren, die immer noch das Bild der Partei prägen“.

Und selbst die der CDU zugeneigte „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vermerkte: „Wenn Parteien ‚bunter, jünger, weiblicher’ werden wollen … verdecken sie damit gerne, dass sie schon froh sein können, wenn sie bleiben, was sie sind … Die beste Organisation entwickelt keine Anziehungskraft, wenn sie nur neue Formen propagiert, nur ‚bunter, jünger, weiblicher’ werden will, aber keinen Inhalt anzubieten hat.“

Bissig waren die Betrachtungen in der „Frankfurter Rundschau“. Der erste Zusammenstoß mit der Welt außerhalb der CDU verlief unerfreulich, stellte die Zeitung fest. „,Meine CDU 2017’ … träumt mal schön weiter“, lautete ein Kommentar auf Facebook. „Einfach nur widerlich, diese Volksverdummungskommission!“, schrieb ein anderer. Und ein praktischer Gegenvorschlag kam auch: „70 Jahre CDU. Das reicht allemal. Die Partei sollte sich auflösen.“

Die Fassadenrenovierung bei der CDU ist neuer Wein in alten Schläuchen …“

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"Modernisierung in der CDU", UZ vom 28. August 2015



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