Die IAA lässt trotzdem immer noch Autofahrerherzen schneller schlagen

Mobilität hat ihren Preis

Von Matthias Lindner

Die Internationale Automobil-Ausstellung öffnete am 17. September in Frankfurt am Main ihre Tore, erst für das Fachpublikum und ab dem 19. September für die breite Masse. Neben sämtlichen großen Autokonzernen ist noch eine Vielzahl von Zulieferern und Dienstleistern vor Ort und präsentiert, was das Autofahrerherz schneller schlagen lässt.

Unter den weltweit zehn umsatzstärksten Autokonzernen befinden sich drei deutsche. Volkswagen führt (noch?) die Rangliste an, Daimler folgt auf Platz drei, und BMW schafft es auf den neunten Rang. Unter ihrem Dach haben die Autobauer oftmals zahlreiche Marken vereint und bauen alles vom Kleinwagen, über die Luxuslimousine bis hin zum Lkw. Zu VW gehören neben der Stammmarke mit ihren eher kleineren Modellen, z. B. Polo, Golf, auch Fahrzeuge der Luxusklasse von Porsche, Audi, Bentley, Bugatti und Lamborghini.

Die Deutschen lieben Autos. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes rollen in der Bundesrepublik mehr als 44 Millionen Pkw über die Straßen. Dabei haben deutsche Marken einen Anteil von gut 65 Prozent. Wird der Bestand auf die Bevölkerung bezogen, so kommen auf 1 000 Einwohner 665 Kraftfahrzeuge. Damit ist die Bundesrepublik gut ausgestattet, wie der Vergleich mit anderen Ländern zeigt. Immerhin kommen China nur knapp 20 Fahrzeuge auf 1 000 Einwohner, und in Indien sind es nicht einmal zehn Fahrzeuge.

Mobilität hat ihren Preis: Immer mehr Straßen und Autobahnen werden benötigt genauso wie Flächen für Parkplätze, enorme Energiemengen müssen aufgebracht werden und vor allem in den Städten wird die Luftqualität erheblich beeinträchtigt.

Nach einer Antwort der Bundesregierung werden in Deutschland jeden Tag 73 Hektar Land bebaut oder asphaltiert. Der Verkehr ist dabei einer der großen „Flächenfresser“. Der Lobbyverband „Allianz pro Schiene“ schätzt, dass der Verkehrssektor jedes Jahr eine Fläche von der Größe der Nordseeinsel Föhr in Beschlag nimmt. Von der gesamten Bodenfläche der Bundesrepublik nehmen Straßen, Autobahnen und andere Verkehrsflächen inzwischen rund fünf Prozent ein. Im Vergleich mit anderen Ländern schneidet Deutschland schlecht ab: In den dicht besiedelten Niederlanden verbraucht der Verkehr nur drei Prozent der Landesfläche, in Österreich sogar nur knapp 2,4 Prozent.

Automobile haben hierzulande einen großen Anteil an den Kohlendioxid-Emissionen. Der gesamte Verkehrssektor ist für 20 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich, und der Personennahverkehr übertrifft dabei den Lkw-Verkehr um das Dreifache.

Viele Menschen sind schon für das Thema Klimaschutz sensibilisiert, und wenn sie etwas für ihn tun wollen, werden sie sich in der Regel ein spritsparendes Auto kaufen – wenn sie nicht ganz darauf verzichten können. Sie werden sich aber oftmals getäuscht sehen, denn die Fahrzeuge verbrauchen in der Regel mehr Treibstoff als in den Prospekten angegeben ist. Nach aktuellen Untersuchungen liegt der Unterschied schon bei rund 30 Prozent. Im Jahr 2001 wich der reale Spritverbrauch nur um sieben Prozent von den Laborergebnissen ab. Schuld daran sind die vielen Accessoires wie Klimaanlagen oder Sitzheizungen. Im realen Leben verbrauchen sie Energie und erhöhen den Spritverbrauch, und während man normalerweise nie auf die Idee kommen würde, sie nicht zu nutzen, werden sie im Labortest einfach abgeschaltet oder ganz ausgebaut.

Kritiker fordern deshalb seit langem, dass auf europäischer Ebene endlich realistische Messverfahren und strenge Emissionsgrenzwerte vorgeschrieben werden. Das wusste die Autoindustrie aber in den letzten Jahren zu verhindern – mit Hilfe der Bundesregierung. Davon wird aber auf der IAA sicherlich nicht die Rede sein. Doch der Skandal um die Dieselfahrzeuge von VW in den USA könnte die Debatte neu entfachen …

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"Mobilität hat ihren Preis", UZ vom 25. September 2015



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