Wen betrifft der Prozess gegen G20-Gegner, der eine Woche vor Weihnachten in Hamburg begonnen hat? Die Angeklagten, vier junge Aktivisten aus Frankfurt und Offenbach und einer aus Frankreich, waren anscheinend in einer kleineren Demonstration mitgelaufen, aus der heraus Autos angezündet und Scheiben eingeworfen waren. DKP-Mitglieder stehen in Hamburg nicht vor Gericht, weil sich die Kommunisten an derartigen Aktionen nicht beteiligt haben – ihre Arbeit richtet sich darauf, Klassenbewusstsein zu verbreiten. Ein brennender BMW hilft da nicht weiter.
Aber darum geht es in dem Prozess nicht. Es geht darum, dass Staatsanwaltschaft und Oberlandesgericht die brennenden Autos benutzen, um den gesamten Protest zu einer einzigen Ausschreitung zu erklären – und, um in Zukunft staatlich organisierte Provokateure zu einer Allzweckwaffe gegen Proteste zu machen.
Auch die Staatsanwaltschaft behauptet nicht, beweisen zu können, dass die Angeklagten Autos angezündet oder Fenster eingeworfen hätten. Sie behauptet, dass die Angeklagten in der Demonstration mitgelaufen seien – und deshalb Mittäter seien bei schwerem Landfriedensbruch, schwerer Körperverletzung, Brandstiftung. Die Vorsitzende Richterin hatte zuvor in Erwägung gezogen, dass die Angeklagten vielleicht keine Mittäter seien, sondern nur für Beihilfe bestraft werden könnten – und deshalb zwei der Angeklagten von Untersuchungshaft verschont. Staatsanwaltschaft und Mainstream-Presse veranlasste das, einen Befangenheitsantrag zu stellen und ihre Empörung in immer blumigere Worte zu fassen.
Diese Logik – Mittäter ist, wer in der Gruppe mitläuft – hatte die Justiz bisher begrenzt auf Hooligan-Gruppen, die sich zur Prügelei verabreden. Nun also eine Demonstration, die nach Auffassung der Anklage keine Demonstration, sondern ein Brände legender Mob war. Die Richtung, in die die Justiz marschiert: Aus einer Demonstration heraus kommt es zu Straftaten. Alle Demonstranten sind damit Mittäter und für Sachschäden haftbar. Im Hamburger Prozess zeigt sich nur einmal mehr: Gemeint sind wir alle.
Die Erfahrung zeigt, dass die Polizei ihre Taktik bei Protesten wie gegen G 20 auch darauf ausrichtet, dass die Medien die Bilder von brennenden Autos bekommen, mit denen Politiker anschließend rechtfertigen können, warum Demonstrationen mit Pfefferspray und Knüppel auseinandergetrieben werden mussten. Im Zweifel schicken die Behörden selbst die Provokateure, die dafür nötig sind. Das sind die Mittel, mit denen sie jeden Protest in die kriminelle Ecke stellen, damit sichern sie Ausbeutung, Kriegstreiberei, Umweltzerstörung. Wer sind die Mittäter?