Komplett dicht – die Kinobranche im Lockdown

Mit Minijob auf Null

Vor einem Jahr begann der erste Lockdown. Die Kinos in Deutschland mussten 2020 einen dramatischen Besucherschwund hinnehmen. Die Filmförderungsanstalt (FFA) meldete rund 38,1 Millionen Kinobesuche, das sind 80,5 Millionen weniger als im Vorjahr – ein Minus von rund 68 Prozent. Von Mitte März bis Anfang Juli mussten alle deutschen Kinos schließen, in den Sommermonaten durften nur 20 bis 25 Prozent der Plätze besetzt werden. Anfang November gab es den erneuten Lockdown, der bis heute andauert.

Besonders hart sind geringfügig Beschäftigte davon betroffen. UZ sprach mit Rolf Walter. Er jobbt neben dem Studium in einem Kino in Konstanz an der Grenze zur Schweiz.

UZ: Wie sieht zurzeit die Situation für die Kinos aus?

Rolf Walter: Während des Lockdowns sind die Kinos komplett dicht. Zwischen den Lockdowns war der Betrieb eher suboptimal. Jede zweite Reihe musste gesperrt werden und zwischen den Plätzen auch noch mal. Der Filmverleih gab seine Blockbuster lieber an Streaminganbieter und die Leute sind nur zögerlich ins Kino gegangen – der Betrieb wurde primär aufrechterhalten, um die Besucher bei der Stange zu halten und sie nicht langfristig zu verlieren.

Der aktuelle Stufenplan sieht vor, den Kinos eine Öffnung zu erlauben, aber nur bei Durchführung eines Schnelltests an allen Gästen und erneuter Schließung bei einer Inzidenz von 100 – das heißt, es bleibt weiterhin dicht.

UZ: Wie habt ihr den Sommer zwischen den Lockdowns überstanden?

Rolf Walter: Das Unternehmen hat klar Verlust gemacht und wird auch weiterhin erst einmal keinen Gewinn einbringen. Für uns Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gab es eine Betriebsvereinbarung. Geringfügig Beschäftigte haben an sich keinen Anspruch auf Kurzarbeit, wir blieben aber dennoch teilweise weiterhin angestellt und wurden bis zu 55 Prozent weiterbezahlt. Gab es staatliche Hilfe, wurde auf 90 Prozent aufgestockt.

Einmal gab es einen „Arbeitseinsatz“, wo wir alle für vier Stunden kommen sollten – als ein kleines Zeichen, dass man doch etwas gemacht hat. Da wurden dann anstehende Arbeiten erledigt, die sonst im regulären Betrieb liegen bleiben.

Der Wegfall von knapp der Hälfte des Gehalts hat sehr weh getan. Nach einem kollektiven Bittschreiben der Belegschaft kam es zu einer neuen Betriebsvereinbarung, mit der wir 80 Prozent und eine einmalige Zulage bekommen, was eine massive Erleichterung für Angestellte darstellt.

UZ: Und wie sieht es bei dir persönlich aus? Wie kommst du über die Runden?

Rolf Walter: Ich bin in der privilegierten Position, sehr günstig zu wohnen – ich muss nur die Nebenkosten zahlen. Seitdem ich nicht mehr familienversichert bin, ist es ein bisschen haariger geworden. Schon vor Corona war es mit dem Minijob ein Nullsummenspiel, deckte gerade die Kosten. Der Lockdown, wo es nur anteilig Lohn gab, hat dann aber doch an den Ersparnissen gezehrt.

UZ: Kann sich das Kino überhaupt in Zeiten von Fernsehen und Streamingdiensten behaupten?

Rolf Walter: Gerade den Standort hier in Konstanz würde ich als wahre Goldgrube bezeichnen. In der benachbarten Schweiz sind die Preise dermaßen horrend, dass ich sie mir niemals leisten könnte. Die Schweizer kommen daher sehr gerne rüber nach Deutschland – für sie sind selbst die hiesigen Preise, die ich als überteuert bezeichnen würde, lediglich Peanuts. So gesehen rollt der Rubel auf jeden Fall.
Das Aufkommen von Netflix und Co. hat eine gewisse Kerbe in die Gewinne gehauen, aber es lohnt sich immer noch.

Studis ohne Jobs

Während Festangestellte in Kurzarbeit geschickt wurden, haben unter anderem 450-Euro-Jobber oder Werkstudenten ihre Stellen verloren.

Im Sommer 2020 waren Geschäfte und Bars noch geöffnet. Trotzdem sank der Anteil von Studierenden mit Nebenjob in diesem Zeitraum von 63,1 Prozent auf 53,2 Prozent – rund 10 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. „Ich fürchte, diese Zahl hat sich seitdem durch die zweite Infektionswelle und alle ihre Auswirkungen nochmals drastisch verschärft“, sagt dazu Eckhard Köhn von „Studitemps“. Das Unternehmen, das Studierende in Jobs vermittelt, führt in der Studienreihe „Fachkraft 2030“ seit mehreren Jahren deutschlandweit eine Befragung von 28.000 Studierenden durch. Im Jahr 2017 hatten noch 71,1 Prozent der Befragten angegeben, neben dem Studium zu arbeiten.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Mit Minijob auf Null", UZ vom 26. März 2021



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Tasse.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit