Venezuela steht im Vorfeld der für den 6. Dezember angekündigten Parlamentswahlen verschärft im Fadenkreuz der USA. Gut eine Woche, nachdem der Nationale Wahlrat (CNE) den Termin bestätigt hatte, drohte Präsident Donald Trump im spanischsprachigen Fernsehsender „Telemundo“: „Etwas wird mit Venezuela passieren. Das ist alles, was ich jetzt dazu sagen kann.“ Auf Nachfrage, welche Rolle die USA dabei spielen würden, antwortete Trump geheimnisvoll: „Wir werden sehr engagiert sein.“ Obwohl der Chef des Weißen Hauses als Großmaul bekannt ist, hinter dessen Ankündigungen oft nur wenig Substanz steckt, und auch Caracas davon ausgeht, dass Trumps Auftritt vor allem dem „verzweifelten Versuch“ zuzuschreiben ist, bei der US-Präsidentschaftswahl im November die Stimmen rechter lateinamerikanischer Migranten zu gewinnen, spricht einiges dafür, die Drohungen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Washington verstärkt nicht nur ständig seine militärische Präsenz in der Region, sondern verfolgt dabei zunehmend auch eine Politik der Nadelstiche durch Provokationen, die leicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen eskalieren können.
Nur vier Tage nach Trumps Ankündigung drang der mit Marschflugkörpern bestückte Lenkwaffenzerstörer „USS Prickney“ in ein 16 Seemeilen vor der Küste gelegenes Gebiet ein, das von Venezuela beansprucht wird. Drei Wochen zuvor war der ebenfalls dem Südkommando der US-Streitkräfte unterstehende Zerstörer „USS Nitze“ ebenfalls in venezolanischen Gewässern aufgekreuzt und hatte sich drohend einem iranischen Frachter mit Lebensmittelspenden genähert.
Die rund 2.800 Kilometer lange Küstenlinie Venezuelas gilt als wahrscheinlichstes Einfallstor für feindliche Invasoren. Erst im Mai hatte Venezuelas Militär einen Landungsversuch schwerbewaffneter Söldner vereitelt, die vom US-Unternehmen „Silvercorp“ angeheuert worden und mit mehreren Schnellbooten von Kolumbien aus gestartet waren. In den folgenden Tagen waren weitere Boote entdeckt und Dutzende Söldner, darunter zwei US-Bürger, verhaftet worden.
Wie der von US-Außenminister Mike Pompeo zum „Sonderbeauftragten für die Wiederherstellung der Demokratie in Venezuela“ ernannte Regime-Change-Experte Elliot Abrams vergangene Woche in einer Videokonferenz der konservativen Denkfabrik „Hudson Institute“ ankündigte, plant Washington neben dem militärischen Aufmarsch auch eine „Medienoffensive“, um die Regierung von Nicolás Maduro „unter Druck zu setzen“. Dazu gehören zahlreiche Maßnahmen, „um mit unserem eigenen Radio, Fernsehen und Internet ein breiteres Publikum in Venezuela zu erreichen“. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro warnte die Bevölkerung am Sonntag per Twitter: „Alarm! Die vom US-Imperium orchestrierte Medienkampagne verfolgt das Ziel, unser Land durch Lügen und Verdrehungen zu diskreditieren und zu destabilisieren.“
Dabei stößt Washington allerdings auch auf nicht erwartete Widerstände. So scheiterte der Versuch des staatlichen Propagandasenders „Voice of America“, subversive Programme vom Territorium Guyanas aus nach Venezuela auszustrahlen. Die Regierung in Georgetown habe den USA deutlich gemacht, dass eine Destabilisierung des Nachbarlandes nicht in ihrem nationalen Interesse liege, berichtete die Tageszeitung „Guyana Chronicle“ am vergangenen Samstag. Das venezolanische Onlineportal „Orinoco Tribune“ hatte am Vortag daran erinnert, dass eine ähnliche „Kommunikationsoffensive“ der USA, die 1985 mit „Radio Martí“ und 1990 mit „TV Martí“ zum Sturz der sozialistischen Regierung Kubas initiiert worden war, kläglich scheiterte. Die Chancen für eine friedliche und demokratische Parlamentswahl im Dezember stehen also trotz der Drohungen aus Washington gar nicht so schlecht.