Die von Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) angeführte Stadtverwaltung in Erfurt machte keine großen Worte. Gerade einmal fünf Sätze war die Mitteilung lang, mit der sie eine Ausstellung von Bildern, die palästinensische Kinder gemalt hatten, untersagte.
Die Kinderkunstausstellung „HeART of Gaza“ sollte in einem sogenannten Pop-up-Store gezeigt werden – einem Ladengeschäft, das abwechselnd von unterschiedlichen Unternehmen und Anbietern genutzt wird. Derzeit wird es von der Erfurter Kunstinitiative „Jederkann“ betrieben, die die Kinderbilder in Zusammenarbeit mit den Gruppen Erfurt Unsilenced und Jena for Palestine zeigen wollte – sehr zum Unmut der Stadt Erfurt. Der Mieter des Pop-up-Stores habe „eine Ausstellung in Kooperation mit politischen Initiativen geplant. Da die Nutzungsbedingungen des Pop-up-Stores dies ausdrücklich ausschließen und die Stadtverwaltung Erfurt als politisch neutrale Institution agiert, wird die Ausstellung nicht durchgeführt“, erklärte die Stadt in der vergangenen Woche. Das Ladengeschäft sei „ein Experimentierfeld und Labor für junge Unternehmen, Gründer und alle, die eine wirtschaftliche Geschäftsidee in der realen Welt der Erfurter Innenstadt ausprobieren wollen“.
Die reale Welt außerhalb Erfurts, der Völkermord in Gaza, darf dabei offensichtlich keine Erwähnung finden. Bei dem Verbot handele es sich um einen „ungerechten Akt der Zensur durch die Erfurter Stadtverwaltung“, so ein Sprecher der Initiative Jena for Palestine gegenüber UZ. „Deutschland wird täglich mehr zu einem Polizeistaat, in dem Menschen, die sich mit Palästina-Themen beschäftigen, unterdrückt werden. Wir sind sicher, dass eine solche Zensur nicht stattgefunden hätte, wenn diese Veranstaltung nicht für palästinensische Kinder, sondern für Kinder in der Ukraine organisiert worden wäre. Es zeigt wirklich die Doppelmoral, mit der palästinensische Kinder und ihr Leid betrachtet werden.“
Bei „HeART of Gaza“ handelt es sich um eine Wanderausstellung, die von Mohammed Timraz aus Palästina und der Irin Feile Butler ins Leben gerufen wurde. „Sie richteten ein Künstlerzelt für Kinder in Gaza ein und wollten die Zeichnungen der Kinder mit der Welt teilen, um die menschlichen Auswirkungen des Völkermordes zu zeigen“, so Jena for Palestine. Ein Mitstreiter sei mit Timraz befreundet und so kam es zu der Idee, die Ausstellung nach Erfurt zu holen. Dankbar zeigt sich die Initiative dafür, dass das Café Nomad in Erfurt einsprang, nachdem die Stadt die Ausstellung untersagt hatte. Dort können die Bilder noch bis Samstag (2. November) betrachtet werden.
Daran, dass es sich bei den gezeigten Bildern um besondere Malereien handelt, lassen die Mitveranstalter von Jena for Palestine keinen Zweifel: „Diese Kunstwerke sind von Kindern gezeichnet, die einen Völkermord überlebt haben. Sie sind aber eben auch Kinder – einige Kunstwerke zeigen ihren letzten Geburtstagskuchen, ihre Lieblingskatze, ihre besten Freunde. Es gibt von kleinen Kindern gemalte Bilder, die ihr Leben in Zelten am Strand darstellen, den Bombenangriff auf ihr Haus, das Sterben, dessen Zeugen sie wurden.“
Es sei wichtig, nicht nur an die Auswirkungen des Krieges und die humanitäre Katastrophe zu erinnern, „sondern auch an die Menschlichkeit der Palästinenser, die in Deutschland leicht vergessen oder geleugnet wird“. Ziel sei es, eine „Brücke der Verständigung zwischen Deutschland und Palästina“ zu schaffen. Was hingegen das Ziel der Erfurter Stadtverwaltung ist, kann nur vermutet werden.
HeART of Gaza
noch bis zum 2. November
im Café Nomad, Johannesstraße 55, 99084 Erfurt