Zur Osteransprache von Vizekanzler Robert Habeck

Mister Eigentlich

Auf die Osteransprache des Bundeswirtschaftsministers und Vizekanzlers Robert Habeck hat unser ganzes Volk sehnsüchtig gewartet. Der ehemals als Kommunikationswunder gepriesene Anwärter auf höhere Weihen – also zum Beispiel Bundespräsident in der Traditionslinie des Bundesstammlers Heinrich Lübke – brachte es fertig, in einem 3-Minuten-Statement vier mal das bezeichnende Wort „eigentlich“ einzubauen. Seine mit zugekniffenen Augen vorgetragene Durchhaltebotschaft triefte vor philosophischen Erkenntnisse auf dem Niveau, die „Zeit“ sei „unendlich knapp geworden“ und hoffnungsvollen Zukunftsbotschaften wie der von einer „kommenden wirtschaftlichen Prosperität“.

Das Trommeln in eigener Sache und die Rolle als Verkünder einer goldenen Zukunft sind offenbar bitter nötig. Der Unmut gegen die wachsenden Zumutungen durch galoppierende, politikgetriebene Preise und Bevormundungen vom Ernährungsverhalten über die Wahl von Beleuchtungsmitteln und Heizungen richtet sich zunehmend gegen „Die Grünen“ und deren möglichen künftigen Kanzlerkandidaten.

Süffisant fragte beispielsweise die „FAZ“ in der Woche vor Ostern: „Ist es sinnvoll, Oma das Haus zu übertragen, damit auch von kommendem Jahr an noch mal eine neue Öl- oder Gasheizung erlaubt ist?“ Das Blatt erläuterte: „Schließlich will die Ampel-Koalition Menschen über 80 nicht mehr zur Energiewende zwangsverpflichten. Wer auf Oma-Pläne verzichtet, muss sich mit der Idee anfreunden, früher oder später eine neue Heiztechnik verbauen und den Öltank entsorgen zu müssen. Die präferierte Lösung der Regierung wird in vielen Fällen Wärmepumpe heißen.“ Deren Hersteller können sich vor Anfragen kaum noch retten – und ihre Angebote werden viele Besitzer kleiner alter Häuser in die Verzweiflung treiben. Ein Investitionsvolumen von satten 45 Milliarden bis 2028 schätzt die Bundesregierung selbst für die gesetzlich vorgesehene Umrüstung auf neue Heiztechniken – aufzubringen von den Hauseigentümern und damit umwälzbar auf die Mieterinnen und Mieter. Ob das ausreichen wird, steht in den Sternen. Die phantasievollen Berechnungen um Einspareffekte durch neue Technik sind Luftgemälde.

Während die Zwangsmaßnahmen gegen Hausbesitzer und Mieter glatt durchs Kabinett rutschten, bleiben die Versprechen für Entlastungen der sozial bis über ihre Möglichkeiten beanspruchten Volksschichten gewohnt vage. Von dem angekündigten „Förderprogramm für den Heizungsaustausch“ liegen außer dem Titel noch keine Informationen vor. Von einem Entlastungsprogramm für die durch diesen Umbau wahrscheinlich abermals steigenden Strompreise ist überhaupt noch keine Rede. Völlig unbeantwortet ist die Frage, wer den bis 2028 nun zwingend notwendigen Ausbau der Stromnetze für die vielen neuen Wärmepumpen organisiert und vor allem bezahlt. Die Kommunen jedenfalls sollen erst ab 2025 verpflichtet werden, eine „Wärmeplanung“ zu erarbeiten. Früher werden sie das auch kaum schaffen. Im Ergebnis werden viele entweder im Kalten sitzen oder auch dieses Regierungsprogramm wird genauso auf den Puffer der Realität prallen wie die Sanktionspolitik gegen Russland, die mit ihrem willkürlichen Verzicht auf günstiges russisches Erdgas der Startpunkt für alle diese Zumutungen und all dieses Durcheinander war.

Habeck war bei seiner Botschaft anzusehen, dass er die Proteste der kommenden Monate fürchtet. Zugegeben hat er das nicht, den „eigentlich“, so beendete er seine Osterstammelei, freue er sich auf die nächste Zeit.

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"Mister Eigentlich", UZ vom 14. April 2023



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