Minsk macht‘s nach

Laute Kritik aus „Europa“ sei nötig, „schon allein, weil das Beispiel nicht Schule machen sollte“, kommentiert die „FAZ“ die Landung des Ryanair-Fluges in Minsk. Und lässt dabei außer Acht, dass sich höchstens Minsk ein Beispiel genommen hat. 2013 wurde das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten Evo Morales gezwungen, in Wien zu landen, weil die US-Geheimdienste Edward Snowden an Bord vermuteten, 2004 zwangen die USA das Flugzeug des ehemaligen russischen Finanzministers Andreij Wawilow zur Landung in Palm Beach. 2012 zwangen türkische Kampfjets eine Passagiermaschine auf dem Weg von Moskau nach Damaskus zur Landung in Ankara. 2016 zwang die Ukraine ein Flugzeug der belorussischen Fluglinie „Belavia“ zur Umkehr nach Kiew. Ziel war die Verhaftung des Journalisten und Anti-Maidan-Aktivisten Armen Martirosyan. Die Aufzählung lässt sich fortsetzen.

Das hindert EU, USA und NATO nicht daran, Zeter und Mordio zu schreien und mit neuen Sanktionen gegen Belarus um sich zu werfen. Selbstverständlich nur solchen, die der eigenen Wirtschaft nicht schaden. Auf den Import belorussischer Rohstoffe möchte man nicht verzichten.Verbal werden die großen Geschütze aufgefahren: Von „Entführung“ bis „Staatsterrorismus“ ist alles dabei. Die Empörung ist groß, weil ein Flug zwischen EU- und NATO-Mitgliedstaaten in einem Drittland landen musste. Als gäbe es Luftkorridore zwischen einzelnen Staaten und keine Hoheitsgebiete, über die die einzelnen Staaten nach dem „Chicagoer Abkommen“ die „volle und ausschließliche Souveränität besitzen“.

Der verhaftete 26-jährige „Oppositionelle“ Roman Protassewitsch hat schon eine längere Karriere hinter sich. So wurde er mit 16 Mitglied der nationalistischen Organisation „Junge Front“, reiste mit 17 nach Kiew, um auf dem Maidan mitzumischen, und schloss sich danach der faschistischen Miliz „Regiment Asow“ an, um gegen die Volksrepubliken des Donbass zu kämpfen.

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"Minsk macht‘s nach", UZ vom 28. Mai 2021



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