USA planen zentrales Kommando zur Aufrüstung der Ukraine in Wiesbaden

Militärische Drehscheibe

german-foreign-policy.com

Die Vereinigten Staaten bündeln ihre Aktivitäten zur Aufrüstung und Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte in einer zentralen Struktur und wollen dazu ein neues Kommando mit Sitz in Wiesbaden-Erbenheim einrichten. Das Kommando – eine Entscheidung wird in Kürze erwartet – soll rund 300 Soldaten umfassen und von einem US-General geführt werden. Damit könnte Deutschland seine Funktion als Drehscheibe für militärische Aktivitäten der NATO-Staaten in Ost- und Südosteuropa weiter stärken.

Bereits seit Anfang August ist in Wiesbaden-Erbenheim das bislang mit der Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte befasste International Donor Coordination Center untergebracht. Es ist aus einer Planungszelle entstanden, die bereits kurz nach dem Februar 2022 gebildet wurde, um die logistisch schwierige Lieferung von Kriegsgerät in das ukrainische Kriegsgebiet zu organisieren. Die führende Rolle hatten dabei zunächst Soldaten der in Stuttgart-Vaihingen stationierten 10th Special Forces Group der US-Streitkräfte inne, die bis kurz vor Kriegsbeginn ukrainische Einheiten in der Westukraine trainiert hatten. Mittlerweile arbeiten im International Donor Coordination Center, das in der einen oder anderen Form in dem neuen Kommando aufgehen dürfte, Delegierte der Streitkräfte von mehr als zwei Dutzend Staaten; auch die Ukraine ist mit einem General vertreten. Das neue Kommando wird zudem mit der Ukraine Defense Contact Group verknüpft, dem erstmals am 26. April auf der US-Militärbasis Ramstein versammelten lockeren Zusammenschluss von rund 40 Staaten, die an der Aufrüstung und Ausbildung der Ukraine beteiligt sind. In welchem Verhältnis das Kommando zum EU-Ausbildungseinsatz für die Ukraine stehen wird, ist noch unbekannt.

Deutschland entwickelt sich nicht nur immer mehr zur Drehscheibe für die militärischen Aktivitäten des Westens im Ukraine-Krieg; in der Bundesrepublik ist auch maßgeblich eine Strategie entwickelt worden, die in dem Krieg von ukrainischer Seite offenbar regelmäßig angewandt wird: das Resistance Operating Concept (ROC). Zentraler Ausgangspunkt für die Entwicklung des ROC war Berichten zufolge die Erkenntnis, dass die Truppen Georgiens im Kaukasuskrieg des Jahres 2008 den russischen Streitkräften nichts entgegenzusetzen hatten. Das führte besonders in Ländern wie Estland, Lettland, Litauen und Polen, aber auch bei den intensiv mit ihnen kooperierenden US-Streitkräften zu Überlegungen, ob man nicht für den Fall eines russischen Angriffs Alternativen zu konventionellen Abwehrschlachten erarbeiten solle, bei denen kleinere Staaten sich keinerlei Erfolgsaussichten ausrechnen können. Ab 2013, heißt es, habe das U. S. Special Operations Command Europe (SOCEUR) mit Sitz in Stuttgart-Vaihingen mit der Entwicklung einer entsprechenden Strategie begonnen, die ROC genannt wurde.

Das ROC zielt explizit darauf ab, einem konventionell überlegenen Feind nicht in offener Feldschlacht gegenüberzutreten, sondern andere, asymmetrische Mittel gegen ihn zu nutzen. (…) In der Ukraine sind ROC-Praktiken vor allem zu Beginn des Krieges angewandt worden – zum Beispiel die Verbreitung von Anleitungen zum Bau von Molotowcocktails, mit denen insbesondere Zivilisten die Besatzer attackieren sollten. Ergänzt wurde dies durch die gezielte Ausrüstung der ukrainischen Streitkräfte mit Panzer- und Flugabwehrraketen, die zum Teil bereits vor dem Krieg geliefert wurden und die angreifenden russischen Truppen tatsächlich empfindlich schwächten.

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